Aktuelle Unwetterlage in Leverkusen Klinik evakuiert, Bundeswehr vor dem Einsatz - Krisenstab zieht erste Bilanz

Leverkusen · Der Krisenstab zog am Mittag eine erste Bilanz und dankte allen Helfern. Wann das Klinikum, das derzeit evakuiert wird, wieder ans Stromnetz geht, ist noch unklar. Das Autobahnkreuz Leverkusen ist seit vergangener Nacht gesperrt. Die aktuelle Entwicklung.

 Land unter in Schlebusch.

Land unter in Schlebusch.

Foto: Uwe Miserius

Erste Bilanz Der Krisenstab und die Einsatzleitung der Feuerwehr haben am Donnerstag eine erste Bilanz der Flutkatastrophe für Leverkusen gezogen. Oberbürgermeister Uwe Richrath sprach von einer „dramatischen Nacht für die Stadt“ und dankte allen Helfern. Thomas Kresse, Einsatzleiter der Feuerwehr und  zu diesem Zeitpunkt selbst bereits 30 Stunden im Einsatz, gab einen Überblick zum Einsatzgeschehen. 20 Personen seien aus äußerst bedrohlichen Situationen gerettet worden, etwa aus Autos, die sich im Wasser festgefahren hatten. Besonders knapp sei es in einem Aufzug in der Gezzelinallee geworden, wo zwei Personen eingeschlossen waren und bis zum Hals im Wasser gestanden hätten. Feuerwehrkräfte befreiten das Duo in letzter Minute, indem sie mit einem Trennschleifer den Aufzugsdeckel öffneten. Kresse lobte die Einsatzkräfte: „Sie haben um jeden Meter gekämpft.“  Bis zum Mittag meldete die Feuerwehr 700 noch offene Einsätze, rund 350 waren da bereits abgearbeitet.  

Als Einsatzschwerpunkte nannte Kress das Klinikum und das Altenheim St. Elisabeth in Schebusch, die beide komplett evakuiert werden müssen. Während das Altenheim bereits frei gemacht wurde, dauert die komplette Evakuierung im Klinikum voraussichtlich bis zum Abend noch an. Sie war notwendig geworden, nachdem beide Untergeschosse des Klinikums mit Dhünnwasser vollgelaufen waren, sämtliche Trafos außer Funktion gesetzt wurden, die Stromversorgung ausfiel und nur teilweise durch Notaggregate  ersetzt werden komnte. Neben Schlebusch war Opladen ein Einsatzschwerpunkt. Der Wiembach und die Wupper traten über die Ufer, an der Wiembachallee und in weiteren Straßen liefen Keller voll, die Flutwelle schwappte bis zum Berliner Platz. Auch an der Lenner Mühle in Lützenkirchen hatte sich der Wiembach aufgestaut. Die Feuerwehr versuchte, das Eindringen des Wassers in ein Einfamilienhaus zu verhindern, was aber nicht gelang. „Wir konnten es nicht retten“, sagte    Kresse. Die Familie blieb aber unverletzt.  Ein Rückhaltebecken am Grünen Weg an der Rückseite eines Reiterhofs schwappte über, ein Damm drohte zu brechen. „Dann wäre Alkenrath geflutet worden“, sagte der Einsatzleiter. Mit einer sogenannten Hannibal-Pumpe, die 15.000 Liter/Minute wegschafft, gelang es, den Deich zu retten. Im Diepental drohte ein Dammbruch, 15 Personen wurden evakuiert. Besondere Probleme gab es  an der Wupper, nachdem Wasser aus  Talsperren abgelassen werden musste. 40 Schafe wurden von den Fluten weggerissen, der Feuerwehr gelang es,  zehn davon zu retten.  Schnelle Besserung erwartet Kresse nicht: „Es wird sicher noch dauern, bis das Wasser abgeflossen ist.“

 Ein Baum stürzte auf die Bushaltestelle am Schloss und blockiert die Gustav-Heinemann-Allee.

Ein Baum stürzte auf die Bushaltestelle am Schloss und blockiert die Gustav-Heinemann-Allee.

Foto: Uli Schütz

Klinikum  Der Chef des Klinikums, Hans-Peter Zimmermann, berichtete von einer dramatischen Nacht im Klinikum. „Am Ende konnten wir uns nur noch unserem Schicksal ergeben.“ Neben der Beleuchtung hätten etwa auch Radiologie, Telefone und Datenverarbeitung nicht mehr funktioniert. Die komplette Evakuierung des Hauses sei die einzige Alternative geblieben. Das Dhünnwasser sei sehr schnell und mit großer Wucht in die beiden Untergeschosse eingedrungen. „Es steht jetzt noch raumhoch im 2. Untergeschoss.“ Teilbereiche des Klinikums hätten völlig im Dunklen gelegen. Intensivpatienten und solche, die dringend auf Strom angewiesen waren, seien noch in der Nacht verlegt worden. Es waren 17 Erwachsene und 11 Kinder. Rund 200 Patienten wurden nach Hause entlassen und von Angehörigen abgeholt.  Die Evakuierung aller 468 Patienten soll bis in die späteren Abendstunden dauern. Sie werden im umliegenden Kliniken untergebracht und versorgt und dort teilweise auch von hiesigem Personal betreut. Auch das St. Remigius Krankenhaus Opladen und das St. Josef Krankenhaus Wiesdorf übernehmen Patienten aus dem Klinikum. Im St. Remigius Krankenhaus werden es  31 und im St. Josef Krankenhaus 10 stationäre Patientinnen und Patienten aufgenommen.

Die Leitstelle fährt zudem nur noch die Notaufnahme/Zentrale Aufnahmeeinheit des St. Remigius Krankenhauses an, womit diese zur einzigen Anlaufstelle für Notfallpatientinnen und -patienten aus Leverkusen wird.

Bis einschließlich nächsten Dienstag müssen Operationen, Behandlungen, Untersuchungen und Termine abgesagt werden.    

 Noch in der Nacht zum Donnerstag wurden im Klinikum die ersten Patienten evakuiert.

Noch in der Nacht zum Donnerstag wurden im Klinikum die ersten Patienten evakuiert.

Foto: Uwe Miserius

Bundeswehr  Leverkusen bekommt Unterstützung. Wie Krisenstabschef Mark Adomat berichtet, wurden 200 Soldaten der Bundeswehr angefordert und zugesagt. Sie sollen am Freitag eintreffen. Weitere 600 Feuerwehrleute sollen aus anderen Bundesländern als Verstärkung hinzukommen.

Gas, Wasser und Strom Gas und Wasserversorgung seien weitgehend stabil“, sagte EVL-Geschäftsführer Ulrik Dietzler. Beim Strom gebe es noch Probleme. Das gelte insbesondere für Opladen wogegen sich die Lage in Schlebusch entspanne. 

Bürgertelefon Die Feuerwehr arbeitet aktuell mehr als 700 offene Einsätze ab. In Opladen wird eine Anlaufstelle für Bürger vorbereitet, die von Überflutung ihrer Häuser oder Wohnungen betroffen sind. Die Wasserstände von Wupper und Dhünn werden sich in den nächsten Stunden nicht signifikant verringern, meldet die Stadt. Dies bedeute, dass die Überflutung von Straßen und Gebäuden weiterhin anhalte. Die Feuerwehr bittet darum, nur in lebensbedrohlichen Notfällen den Notruf 112 zu wählen.

Für allgemeine Fragen steht das Bürgertelefon zur Verfügung unter 0214 406; -3300; -3301: -3340.

Aufgrund der Überschwemmungen in Opladen sind auch sämtliche Verwaltungsgebäude (Haus-Vorster-Straße, Miselohestraße, Goetheplatz, Quettinger Straße) von Stromausfällen betroffen. Aus diesem Grund bleiben die Verwaltungsgebäude heute geschlossen. Die abgegebenen Vorgänge in der Zulassungsstelle können erst wieder bearbeitet werden, wenn der Strom wiederhergestellt ist. Die ausgefallenen Termine in der Führerscheinstelle werden kurzfristig neu vergeben.

Verkehr Die Autobahn 1 ist in Fahrtrichtung Süden ab der Anschlussstelle Burscheid nicht mehr befahrbar. Das Autobahnkreuz Leverkusen ist voll gesperrt. Der Verkehr aus Richtung Köln in Richtung Dortmund wird im Autobahnkreuz auf die A3 abgeleitet. Die Rückführungen stehender Fahrzeuge aus den gesperrten Bereichen ist bereits abgeschlossen. Die Polizei bittet dringend, die gesperrten Bereiche weiträumig zu umfahren. Ein großer Baum ist auf die Bushaltestelle am Schloss gestürzt und blockiert die Fahrbahn der Gustav-Heinemann-Straße in Richtung Wiesdorf . Die Wupsi hatte am Mittwoch den Betrieb eingestellt Die folgenden Linien fahren jetzt wieder (Stand Donnerstag):

  • SB20
  • SB21
  • 201
  • 206 (ab Opladen wie die Linie 253 über Herzogstraße und Steinstraße)
  • 207 (ohne Bismarckstraße und Schlebusch, ab Klinikum wie die Linie 211)
  • 209
  • 211
  • 222 (nicht duch Schlebusch, ab auf dem Weg der Linie 227)
  • 227
  • 239/240
  • 253 zwischen Hitdorf und Opladen

Die Linien im Rheinisch-Bergischen Kreis fahren seit heute Morgen wieder.

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