Leverkusen Unfallflucht: Sozialdienst statt Geldbuße

Leverkusen · Das Radio habe gedudelt, die Klimaanlage habe Geräusche gemacht, außerdem habe auf dem Rücksitz ihre dreijährige Tochter geweint: Die 25-jährige Angeklagte zog gestern vor dem Amtsgericht in Opladen so einiges heran, um zu erklären, wieso sie weder gehört noch gemerkt habe, dass sie beim Ausparken ein anderes Auto gerammt haben soll.

"Der andere hat den Rums gehört"

Genau dies warf ihr die Staatsanwaltschaft vor. Am 1. September des vergangenen Jahres soll die junge Mutter beim Rangieren aus einer Parklücke mit ihrem 3er-BMW den VW Polo eines Leverkuseners beschädigt haben. "Vorne links — das Geschehen spielte sich sowohl im Blick- als auch im Sichtfeld der Angeklagten ab", untermauerte der Staatsanwalt seine Sicht auf die Dinge. Die arbeitslose Angeklagte wand sich sichtlich: "Ich bin mir keiner Schuld bewusst", sagte sie immer wieder. "Sonst wäre ich natürlich am Unfallort geblieben."

Als die Polizei am Abend zu ihr nach Hause gekommen sei, hätten die Beamten auch keine frischen Unfallspuren finden können, erklärte sie. "Wenn ich den Wagen des anderen angekatscht hätte, dann hätte ich das doch merken müssen. Ich habe aber keinen Ruck oder so was gespürt."

Ob sie es nun hätte merken müssen oder nicht: Der Staatsanwalt jedenfalls glaubte der 25-Jährigen kein Wort. Er bot an, das Verfahren gegen eine Geldbuße von 300 Euro einzustellen. "Das ist kein Schuldeingeständnis, und sie sind dann auch nicht vorbestraft", erklärte der Jurist. "Aber ich glaube Ihnen einfach nicht, dass sie den Unfall nicht bemerkt haben. Derjenige, dem der andere Wagen gehört, der hat den Rums durch das geöffnete Bürofenster über dem Parkplatz gehört. Daher hatte die Polizei ja auch ihr Kennzeichen."

Sollte sie darauf nicht eingehen, müsse ein Gutachter bestellt werden. Der habe dann darüber zu urteilen, ob die Beschuldigte den Unfall taktil, also über die Haut, hätte wahrnehmen müssen. "Das macht das gesamte Verfahren natürlich teuer und lang", erklärte Richter Elsen. "Zwischen 600 und 1000 Euro kostet so eine Stellungnahme — sollten Sie trotzdem verurteilt werden, müssen Sie die zahlen. Zusätzlich zu den Prozesskosten."

Einkommen? Kindergeld!

Das saß — aber zahlen wollte die Angeklagte trotzdem nicht. "Mein Hartz IV ist gerade gestrichen worden, im Moment besteht mein Einkommen aus 184 Euro Kindergeld im Monat. Ich kann die 300 Euro nicht aufbringen", erklärte sie. Also nahm sie das "Alternativ-Angebot" des Staatsanwaltes an: Einstellung des Verfahrens, kein Eintrags ins Bundeszentralregister und statt Geldstrafe 30 Stunden gemeinnützige Arbeit.

(RP/rl)
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