Leverkusen Überfall Getränkemarkt: Richter platzt Kragen

Leverkusen · Nach einer mehr als halbstündigen Beratung über diverse Anträge des Verteidigers hatte Richter Karl-Heinz Schumacher gestern die Nase voll. "Jetzt passen Sie mal gut auf", richtete er sein Wort an den Angeklagten. "Wir hatten die Absicht, diesen Fall einzustellen. Jetzt machen wir das natürlich nicht mehr. Jetzt klären wir das hier richtig auf. Und dann erwartet Sie eine angemessene Strafe. Wir lassen uns hier nicht für dumm verkaufen."

Der Angeklagte besorgte die Waffe

Auf der Anklagebank des Landgerichts Köln: Ein 25-jähriger Leverkusener, der bei einem Raub auf einen Getränkemarkt in Wiesdorf mitgemacht hatte, in dem er selbst arbeitete (die RP berichtete). Seine Rolle: Er besorgte eine echt wirkende Spielzeug-Pistole, und als sein Kumpel mit der Waffe im Anschlag den Markt stürmte, legte er sich panisch auf den Boden. Seine mit der Pistole bedrohte Kollegin musste danach die Kasse leeren und 3000 Euro herausgeben. "Mein Kumpel hat mich überredet", erläuterte der Leverkusener. "Ich sollte Geld bekommen, wenn ich eine kleine Rolle spiele."

Bei Richter Schumacher traf er damit genau den falschen Nerv: "Stellen Sie sich doch mal Ihrer Verantwortung", wies er den 25-Jährigen zurecht. "Sie tun so, als wenn der böse Wolf das alles geplant habe und Sie nichts tun konnten. So kommen Sie aus der Sache nicht raus." Der Angeklagte beharrte jedoch darauf, aus Angst zunächst unrichtige Angaben gemacht zu haben.

Zwei Beamte, die gegen den Leverkusener ermittelt und ihn auch vernommen hatten, schilderten gestern auch die weiteren Straftaten, an denen der Angeklagte nach eigenen Angaben während des Verhörs beteiligt war — unter anderem den Raub auf einen Opladener Baumarkt, einen weiteren Getränkemarkt in Hitdorf und eine Tankstelle in Langenfeld. Immer mit dabei: der Getränkemarkt-Kumpel. In seiner Wohnung habe der 25-Jährige seinen Freunden berichtet, wie "prall gefüllt" die Kasse freitagsnachmittags immer sei und er dann alleine mit der Kollegin arbeite.

"Lügt jetzt die Polizei?"

Vor allem von einer Beteiligung an dem Überfall und Raub auf die Tankstelle wollte der Angeklagte beim Prozess nichts mehr wissen. Dem Richter platzte der Kragen: "Wollen Sie Ihr Geständnis widerrufen? Wann haben Sie denn gelogen? Jetzt? Oder bei der Polizei? Oder lügt die Polizei?"

Zum nächsten Verhandlungstag am 26. Juli sind — auf Wunsch der Verteidigung — der Haupttäter und eine Freundin des Angeklagten geladen. Richter Schumacher: "Sie spielen ein nicht ganz ungefährliches Spiel, das sage ich Ihnen. Und wenn ihre Freundin hier etwas anderes sagt als in der Vernehmung, dann kriegt sie ein Verfahren an den Hals."

(RP)
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