Leverkusen Topos – das Kleinod wird 40

Leverkusen · Das Jubiläum seiner Musikkneipe feierte Wolfgang Orth am Wochenende vor. Der Geburtstag des Lokales ist erst morgen. Den vielen Gästen war's gleich. Sie wollten feiern, einige Gratulanten reisten gar aus Berlin an.

WIESDORF Als gelernter Goldschmied kannte sich Wolfgang Orth in den 60er Jahren bestens aus mit dem Fertigen von Kunststücken. Sein "Meisterstück" jedoch war ein Kleinod ganz anderer Natur. Mit dem Szenelokal "Topos" (der Name ist das griechische Wort für Ort) machte Orth Generationen von Musikfreunden glücklich. Und das nicht nur in Wiesdorf, Leverkusen, Deutschland – nein, in der ganzen Welt. Künstler wie Art Blakey oder Champion Jack Dupree (siehe links) traten in der kleinen Gaststätte an der Hauptstraße auf und waren stolz und gerührt, als sie nach mehreren Besuchen endlich einen der ersehnten Schlüssel für das "Topos" erhielten, Orths Ritterschlag für Jazzer und Blueser.

Gegen den kulturellen Niedergang

Stolze 40 Jahre besteht das Kultlokal morgen. Am Wochenende luden Orth und seine Gattin Ingrid deshalb zur vorgezogenen Geburtstagssause ins "Topos" und am Samstag auch auf die dazu abgesperrte Straße vor dem Lokal. Angesichts des Anlasses und der Vorlieben des Wirtes war es nur angemessen, dass die große "Topos"-Familie anstelle eines Empfangs mit Rednerpult und gestelzten Worten bei Live-Musik (unter anderem "solo zu 2't" alias Teufelsgeiger Mani Neumann und Ulli Brand von "Farfarello") feierte.

Es gab über das gesamte Wochenende ein großes Hallo. Orth war permant damit beschäftigt, Gäste zu herzen, Hände zu schütteln und Begrüßungsküsse zu verteilen. ARD-Hauptstadtkorrespondent Thomas Nehls reiste mit Gattin Uschi extra aus Berlin an. "Das wollten wir uns nicht nehmen lassen. Dieser Laden ist mir sehr ans Herz gewachsen und eine echte Besonderheit in Zeiten des allgemeinen kulturellen Niedergangs in der Stadt Leverkusen", sagte der Journalist, der über die Eröffnung vor 40 Jahren noch für den "City-Star" berichtete, ein im Vorfeld der Eröffnung der Wiesdorfer City C herausgegebenes Blättchen.

Dass es zum "topos" überhaupt kam, verdankt die Musikwelt einem Misserfolg von Goldschmied Orth. Er fand 1965 keine geeignete Bleibe für seine Werkstatt und musste darum in deutlich zu große Räume an der Niederfeldstraße einziehen. Seinen Schmuck verband er dort mit Kunstausstellungen, später auch Konzerten und Literaturveranstaltungen – anschließend wurde gefeiert, in seinem "Atelier Chronos" und der Wohnung. "Da war es immer so rappelvollvoll, dass ich gesagt habe: Ab jetzt nur noch bis 24 Uhr", erinnert sich Orth. Gemeinsam mit den Gästen zog er nach dem eigenen Zapfenstreich noch um die Häuser. Aber ein Lokal, das ihnen voll zusagte, fanden sie nicht. Also suchte der heutige Wirt nach Räumen für eine eigene Kneipe, die er ursprünglich nur an Veranstaltungstagen in seinem Atelier öffnen wollte.

Die Keimzelle von Jazz Lev

Dass es anders gekommen ist, empfinden all die Gäste, die zur Feier kamen, als großen Segen. Ihnen ist das "Topos" ans Herz gewachsen, das einige tausend Konzerte gesehen hat und Keimzelle des Vereins Jazz Lev, der Jazztage und des Street Life war. Ein Kleinod eben.

(RP)
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