Leverkusen Theater-Nachwuchs zeigt Stück über Flucht, Hoffnung und Enttäuschung

Leverkusen · An Deck kann man die Mannschaft und den betrunkenen Kapitän Grove beobachten. Verborgen im Inneren des Schiffs kauern dicht aneinandergedrängt sieben blinde Passagiere, die einen hohen Fahrpreis bezahlt haben. Diese Szenerie ähnelt Bildern aus Tagesschau-Nachrichten. Darauf spielt der Theaterkursus Stufe 11 der Marienschule natürlich an. Bewusst haben die Schüler sich entschlossen, eine Vorbühne aufzubauen, damit Zuschauer die Flüchtlinge stets im Blick haben, während oben die eigentliche Handlung "Das Schiff Esperanza" abläuft.

 Der Theaterkursus Stufe 11 der Marienschule bei den Proben für das Stück "Das Schiff Esperanza".

Der Theaterkursus Stufe 11 der Marienschule bei den Proben für das Stück "Das Schiff Esperanza".

Foto: Ralph Matzerath

Allerdings ist das Ziel dieser Flüchtlinge eben nicht Europa, sondern Amerika. Es sind Deutsche, die nach dem Zweiten Weltkrieg auf ein besseres Leben im Land der unbegrenzten Möglichkeiten hoffen. Sie ahnen nicht, dass sie niemals amerikanischen Boden betreten werden, weil der Kapitän sie nämlich bei Ebbe auf einer Sandbank absetzen lässt. Da haben sie nur für wenige Stunden festen Grund unter den Füßen, bis die Flut sie genauso wegspült wie schon andere, die vor ihnen, die das Schiff Hoffnung - so die Übersetzung von Esperanza - zur Flucht wählten. Hoffen tun alle, die einen auf einen Neustart, der Kapitän auf das schnelle Geld und ein friedliches Zusammenleben mit seiner Tochter Alex, die auf seinem Schiff anheuert. Erfüllen werden sich die Hoffnungen nicht. Anfang der 50er Jahre, als das Hörspiel von Fred Hoerschelmann erschien und das Reclamheft bald Schullektüre wurde, waren die Schicksale von Deutschen, die ins Exil gingen oder vor russischen Truppen aus ihrer Heimat im Osten flohen, noch präsent. Die Problematik an sich ist aktuell. Deswegen hat sich der Literaturkurs schnell auf den Vorschlag von Lehrer Thomas Zumbrink geeinigt und entschlossen, das Stück um eigene Szenen zu erweitern.

Anders als im Original sind die Flüchtlinge hier nicht unsichtbar, namen- und sprachlos. Die Auseinandersetzung zwischen Kapitän und Tochter Alex (original: Sohn Axel) behandelten sie als Generationenkonflikt. Das wird durch die Dreifach-Besetzung der beiden Hauptrollen deutlich, die natürlich auch praktische Gründe hat. So ließen sich mehr Schüler auf der Bühne einbinden. Wer nicht im Rampenlicht steht, hat seine Aufgabe im Regie-Team, Technik oder Bühnenbild und Maske. Lange Umbauten hat man durch den Einsatz von variablen Würfeln vermieden. Große Bildprojektionen im Hintergrund vermitteln die Handlungsorte.

Nach der Premiere in der eigenen Aula spielt der Literaturkurs der Marienschule am Freitag, 7. Juli, noch zwei Mal (11 und 15 Uhr) im Programm der Schul- und Jugendtheatertage auf der professionellen Bühne des Erholungshauses.

(mkl)
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