Leverkusen Syrische Youtuber kämpfen mit Witz gegen Vorurteile

Leverkusen · Die beiden Syrer Abdul und Allaa leben seit wenigen Jahren in Deutschland. Die Youtuber haben gestern Leverkusener Schülern erzählt, welche Hindernisse der hiesige Alltag birgt.

 "German Life Style" heißt der Youtube-Kanal von Abdul Abbasi (rechts) und Allaa Faham. Die beiden Syrer waren gestern in der Stadtbibliothek in Leverkusen zu Gast.

"German Life Style" heißt der Youtube-Kanal von Abdul Abbasi (rechts) und Allaa Faham. Die beiden Syrer waren gestern in der Stadtbibliothek in Leverkusen zu Gast.

Foto: Miserius

Abdul ist in der Bücherei in Berlin und sucht irgendwas. Bücher wahrscheinlich, aber vor allem auch Kontakte. Er hat das bisher ganz gut gemacht, sogar auf der Straße wildfremde Leute angehalten und sie gefragt, wie es so geht. Aber in der Bücherei in Berlin sitzt Kathi. Das ist komplizierter. Er, der Junge aus Syrien, kann kaum Deutsch, und sie, die schöne Kathi, sie ist halt schön. Also fragt Abdul auf Englisch, ob Kathi ihm vielleicht helfen könne? Und, welch Glück, Kathi kann. Sie tauschen die Nummern aus. Abdul schreibt: "Hallo", Kathi schreibt: "Na, Abdul?"

Gestern war Abdul Abbasi dann wieder in der Bücherei, aber diesmal in der Rathaus-Galerie in Leverkusen. Mit seinem Kumpel Allaa Faham, der auch aus Syrien stammt, hat er Schülern verschiedener Klassen und Kurse des Lise-Meitner-Gymnasiums seine Geschichte erzählt. Abdul und Allaa, beide Anfang 20, sind das, was man heute Youtuber nennt. Mit entwaffnender Leichtigkeit erzählen sie in dem Video-Netzwerk von den Pannen und Tücken des Alltags in Deutschland. Von Kartoffeln, Siezen, Freunden und Bankkonten. Über das Projekt "Life Back Home", das sich der besseren Verständigung zwischen den Kulturen widmet, sind Abdul und Allaa nach Leverkusen gekommen.

Und so hören die Schüler, wie das so ist, wenn man sich in eine andere Welt aufmacht, ohne gesicherte Erkenntnis, wo man landet. Abduls Weg führt von Syrien über Saudi-Arabien, Libyen und die Türkei nach Deutschland. Und in Deutschland von der Bücherei in Berlin über Hamburg und Köln schließlich nach Göttingen, wo er Zahnmedizin studiert. Heute sagt er das wie selbstverständlich, aber dahinter stecken Kämpfe, Kriege und Krisen. Etwa als sein Vater ihm gesagt hat: "Du bist nicht mehr in der Familie erwünscht." Er wollte Abdul ermutigen, in die fremde Welt aufzubrechen, um seine Träume zu leben.

Die Geschichten von Abdul und Allaa sind beinhart, sie erzählen von Mut und Demut, von Liebe und Hass. Aber die zwei Jungs wirken wie Jungs, die es auf jedem Fußballplatz der Republik geben könnte. Zwei Kumpels, die blöde Witze machen, und über sich selber lachen. Die Ironie verstehen, und vor allem auch die Selbstironie. Allaa etwa erzählt, dass viele glauben, er habe in Syrien in der Wüste gelebt, mit Kamelen. "Wenn ich ein Kamel gehabt hätte, wäre ich da geblieben", sagt er. Er zeigt Fotos aus seinem Heimatland. Man sieht Blumen, und Allaa sagt: "Wir haben Blumen in Syrien." Man sieht Tauben, und Allaa sagt: "Wir haben Tauben in Syrien. Sogar fünf Stück." Es gibt zwar Unterschiede in den Kulturen, Differenzen und Hürden in der Sprache, aber wie so oft hilft der Witz. "Wir wollen das Eis brechen", sagt Abdul.

Auf Kathis Nachricht hat Abdul damals nach dem Treffen in der Bücherei in Berlin geschrieben: "Wenn du nicht willst, ist das natürlich okay. Tschüss." Was für ein Missverständnis. Weil Abdul in seinem Leben das Wort "Na" noch nie gehört, es aber am ehesten mit "Nein" identifiziert hat, glaubte er, einen Korb von Kathi bekommen zu haben. Heute würde er in bester deutscher Manier antworten: "Na, Kathi?"

(her)
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