Lokalsport Zurück auf dem Sitzvolleyball-Thron

Leverkusen · Mit dem Erfolg über Vorjahressieger BV Leipzig sicherten sich die Männer des TSV Bayer 04 Leverkusen die 23. Deutsche Meisterschaft. Der Verein will die Sportart künftig für Nicht-Behinderte öffnen.

Der TSV - das Maß aller Dinge im Sitzvolleyball. Zum Erfolgsteam gehörten Albrecht, Gerhard, Hähnlein, Osterfeld, Overhage, Renger, Schiwy, Schu, Soicke und Tigler

Der TSV - das Maß aller Dinge im Sitzvolleyball. Zum Erfolgsteam gehörten Albrecht, Gerhard, Hähnlein, Osterfeld, Overhage, Renger, Schiwy, Schu, Soicke und Tigler

Foto: uwe miserius

Das Endspiel bot noch einmal alles, was die Sportart Sitzvolleyball ausmacht. Insbesondere im vierten Satz im Duell mit dem BV Leipzig durchlebten die Spieler des TSV Bayer Höhen und Tiefen. Die Leverkusener lagen gegen den Titelverteidiger nach Sätzen nicht nur mit 1:2 zurück, sie gerieten trotz zwischenzeitlicher 16:13-Führung im vierten Durchgang in Rückstand. Auch dieser drohte zu kippen. Doch das Bayer-Team um Trainer Michael Overhage behielt die Nerven - gewann diesen Satz wie auch den nachfolgenden Tie-Break.

Damit war die 23. Deutsche Meisterschaft perfekt. Dass die Leverkusener diesen Erfolg vor heimischem Publikum in der Herbert-Grünewald-Halle feiern konnten, machte ihn noch umso schöner - und umso wertvoller, weil im Vorfeld nicht unbedingt damit zu rechnen war. Das Leipziger Team, das sich intensiv auf dieses zweitägige Turnier vorbereitet hatte, reiste als großer Favorit nach Leverkusen. Beim TSV hingegen wusste man nicht so recht, wo man nach den Paralympics steht. Für Overhage, der mit Lukas Schiwy, Dominik Albrecht, Stefan Hähnlein, Stefan Schu, Mathis Tigler und Jürgen Schrapp gleich sechs Spieler nach Rio geschickt hatte (Platz 6 für Deutschland), war zuletzt eine geregelte Trainingsarbeit kaum möglich: "Die Spieler brauchten erst einmal eine längere Pause, was verständlich ist", erklärte der Coach.

Weil Routinier Schrapp bei der Deutschen Meisterschaft beruflich verhindert war, sollten es die jüngeren Spieler richten. Und sie machten ihre Sache hervorragend. Insbesondere Hauptangreifer Albrecht, Thomas Renger und Schiwy überzeugten. Im Halbfinale bezwang Leverkusen, das am Vortag Vorrundenerster wurde, den SSC Berlin, der sich mit einem Sieg über die TSV-Reserve (am Ende Platz 5) qualifiziert hatte. Das zweite Semifinale gewann Leipzig gegen den späteren Dritten, das Team Rheinland-Pfalz.

Overhage war nach dem knappen Titelgewinn zufrieden. "Mein Team hat gezeigt, dass es sich in einer Art und Weise weiterentwickelt hat, die uns einige nicht zugetraut haben." Auch Jörg Frischmann, Geschäftsführer der Behindertensport-Abteilung, freute sich: "Nachdem unsere Spieler in Rio kaum zum Einsatz kamen, haben sie gezeigt, dass in Zukunft mit ihnen zu rechnen ist."

Künftig sollen auch beim TSV Bayer Nicht-Behinderte Sitzvolleyball spielen können. Das zumindest ist der Plan der Vereine, die sich am Rande der Meisterschaft gemeinschaftlich auf eine Öffnung der Sportart verständigten. Dieser Wunsch wurde nun an den Deutschen Behindertensport-Verband herangetragen, der auf nationaler Ebene seine Regeln selbst bestimmen kann. Vor etwa drei Jahren wurde zugelassen, dass pro Team jeweils zwei Nicht-Behinderte auf dem Feld zeitgleich spielen dürfen. Mit der vollständigen Öffnung hoffen die Vereine auf personellen Zuwachs. Auswirkungen auf das Spiel habe das nicht. "Nicht-behinderte Sportler haben letztlich keinen Vorteil", sagt Frischmann. Außerdem eigne sich Sitzvolleyball hervorragend als inklusiver Sport. "Im Moment wird dieser nur an sieben deutschen Standorten gespielt. Es wäre schade, wenn dieser Sport national aussterben würde."

(RP)
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