Handball, Frauen-Bundesliga Martin Schwarzwald setzt auf geballte Elfen-Expertise
Leverkusen · Der neue Trainer der Bundesliga-Handballerinnen ist beim TSV Bayer Leverkusen ein alter Bekannter. Ein Schwerpunkt von Martin Schwarzwald sind Talente, die er intensiv fordern und fördern will.
Seine Verpflichtung war auch für Fachleute eine Überraschung. Nach dem plötzlichen Rücktritt von Ex-Bundestrainer Michael Biegler setzen Bayers Handballerinnen künftig auf den deutlich unbekannteren Martin Schwarzwald. Dieser Umstand ist für Managerin Renate Wolf überhaupt kein Problem. „Wichtig war uns bei der Trainersuche nicht eine beeindruckende Vita, sondern jemanden zu finden, der zu unserer Philosophie passt“, betont sie. Sie ist überzeugt, mit dem bisherigen Coach des Drittligisten SG DJK/TSG Mainz-Bretzenheim genau einen solchen Kandidaten gefunden zu haben.
Die Mischung im Kader aus einigen erfahrenen Spielerinnen und jungen Talenten, die nachhaltig entwickelt werden sollen, findet der neue Übungsleiter nicht nur „sehr spannend und zukunftsfähig“. Sie passe auch hervorragend zu seiner persönlichen Entwicklung als Trainer. Und die haben die Verantwortlichen bei Bayer 04 fast von Beginn an miterlebt.
Der erste Kontakt kam bereits vor einigen Jahren über Teammanagerin Jutta Ehrmann-Wolf zustande. Schwarzwald reiste 2016 mit den A-Juniorinnen von Bensheim/Auerbach nach Leverkusen zum Final-Four-Turnier um die Deutsche Meisterschaft. Dort unterlagen sie im Halbfinale zwar den Junior-Elfen, die sich anschließend den Titel holten. Doch Bensheim blieb ein ordentlicher dritter Platz – und Trainer Schwarzwald eine Begegnung, die seine Karriere positiv beeinflussen sollte. „Ich kam mit Jutta ins Gespräch und wir haben wirklich lange gequatscht“, erinnert sich der inzwischen 34-Jährige.
Wenig später lernte er auch Renate Wolf kennen. Seitdem pflegt er einen intensiven Kontakt zu den Elfen. Mit denen fühlt er sich freilich sogar noch länger verbunden. Aus seiner B-Jugend in Zweibrücken stammen die heutige Nationalspielerin Amelie Berger und Elisa Burkholder, die beim TSV ihre ersten Bundesliga-Einsätze hatten. „Und natürlich hatte ich da ein genaueres Auge auf die Spiele“, verrät er. In Bensheim arbeitete er dann nicht nur als Jugend-Trainer, sondern war auch Assistent von Bundesliga-Trainerin und Ex-Elfe Heike Ahlgrimm.
Bis dahin waren die Verbindungen nach Leverkusen zufälliger Natur – spätestens mit dem Final-Turnier bei Bayer änderte sich das. Wolf und Ehrmann-Wolf waren schon kurz darauf maßgeblich an Schwarzwalds erstem Engagement als Chef-Trainer im Frauen-Handball beteiligt. Sie stellten den Kontakt zum Wuppertaler Zweitligisten TV Beyeröhde her. Dort coachte Schwarzwald eine ganze Reihe von Spielerinnen mit Leverkusener Vergangenheit (wie Pia Adams, Johanna Heldmann oder Ramona Ruthenbeck) und arbeitete durch die Kooperation des TVB mit Bayer erstmals direkt mit Wolf zusammen.
Dass Skeptiker nun schon darüber spekulieren, wie lange er es wohl bei den Elfen aushalten werde, und ob sein Engagement wie das seiner Vorgänger Michael Biegler, Robert Nijdam und Khalid Khan vorzeitig ende, lässt Schwarzwald auch angesichts der Erfahrungen aus dieser Zeit kalt. „Ich habe außerdem bislang an jedem Standort eine produktive Ebene für die Zusammenarbeit gefunden und habe ein gutes Gefühl, dass das auch hier gelingt“, betont er. Dass Wolf und Ehrmann-Wolf, aber auch Abteilungsleiter Andreas Thiel, viel eigene Handball-Expertise mitbringen, sieht er als Luxus: „Ihren großen Erfahrungsschatz habe ich schon in der Vergangenheit immer wieder angezapft. Und ich werde sie im Hintergrund brauchen“, sagt er.
Zusätzlich will er sich schon vor dem offiziellen Dienstantritt am 1. Dezember intensiv mit den Verantwortlichen für die Junior-Elfen besprechen. Im Austausch mit Jörg Hermes und Jenny Karolius möchte er unter anderem überlegen, welche weiteren Talente künftig mit dem Bundesliga-Team trainieren könnten. Die Elfen-Fans können sich ohnehin auf einen Trainer freuen, der seine Qualitäten im Umgang mit jungen Spielerinnen bereits nachgewiesen hat. Die will er auch in Leverkusen gleichermaßen fördern wie fordern. „Nur fürs Jungsein gibt es bei mir keinen Freifahrtschein. Von jungen Spielerinnen erwarte ich, dass sie doppelt so viel arbeiten, wenn sie einen Weg gehen wollen, wie ihn etwa Svenja Huber gegangen ist“, sagt er.
Neben der Spielführerin und Ex-Nationalspielerin sollen sich die vielen jungen Talente auch an anderen gestandenen Spielerinnen orientieren. Dabei hat er als Vorbilder neben Routniers wie Zivile Jurgutyte oder Hildigunnur Einarsdottir auch Spielerinnen wie Mia Zschocke oder Vanessa Fehr im Sinn, die zwar selbst noch relativ jung sind, aber bereits Erfahrung mitbringen. So wie er.