Tim Hilger "Nach der Meisterschaft war die Luft raus"

Leverkusen · Wenn morgen Abend die Schluss-Sirene ertönt, gehen für Tim Hilger drei Jahre beim Leichlinger TV zu Ende. Das Auswärtsspiel bei der HSG Handball Lemgo II (19 Uhr) ist nicht nur das letzte Saisonspiel des Handball-Drittligisten, sondern auch der Abschied des 32 Jahre alten Kapitäns. Er wechselt in seine oberbergische Heimat zum Oberligisten TuS Derschlag.

 Der Kapitän der "Pirates" geht von Bord: Tim Hilger wechselt nach der Spielzeit zurück in die Heimat.

Der Kapitän der "Pirates" geht von Bord: Tim Hilger wechselt nach der Spielzeit zurück in die Heimat.

Foto: MATZERATH (ARCHIV)

Herr Hilger, drei Jahre lang haben sie für den LTV gespielt. Was wird Ihnen fehlen?

Hilger In erster Linie die Mannschaft. Wir haben eine lustige und vor allem erfolgreiche Truppe, in der ich auch Freunde gewonnen habe.

Carsten Lange zum Beispiel?

Hilger Carsten und ich kannten uns ja schon lange zuvor. Rechnet man unsere gemeinsame Zeit in Ferndorf mit, habe ich mit ihm neun Jahre in Folge zusammengespielt. Wir haben definitiv einen besonders engen Draht, das stimmt.

Der LTV wird diese Spielzeit als Fünfter beenden, vergangenes Jahr wurden Sie Meister. Welche Platzierung war ein Ausrutscher?

Hilger Man kann beide Spielzeiten nicht miteinander vergleichen. In dieser Saison dominieren mit Neuss und Hagen zwei Ausnahmemannschaften mit ausgezeichneten finanziellen Möglichkeiten die Liga. Vergangene Saison haben wir am Optimum gespielt und hatten dazu das Quäntchen Glück. Wir haben dieses Jahr in der Hinserie leider unnötig ein paar Punkte liegenlassen -aber das war nur menschlich. Nach der Meisterschaft und dem größten Vereinserfolg der Geschichte war die Luft raus.

Der LTV hat damals aus finanziellen Gründen nicht vom Aufstiegsrecht gebrauch gemacht. Wie schwer war diese Entscheidung aus Sicht eines Spielers?

Hilger Da hat jeder eine andere Sichtweise. Sportlich wäre das natürlich reizvoll gewesen. Am Ende war es für mich aber eine reine Vernunftsentscheidung. Ich hätte den Aufwand in der zweiten Liga aus zeitlichen und beruflichen Gründen ohnehin nicht stemmen können. Dafür fehlt bei mir die Zeit. Klar ist aber auch, dass junge Spieler das eventuell etwas anders sehen.

Ist Leichlingen ein guter Standort für annähernden Profihandball?

Hilger Leichlingen befindet sich mitten in einem Handball-Ballungsgebiet. Es herrscht ein enorm großer Konkurrenzkampf. Hinzu kommen andere Sportarten, an erster Stelle der Fußball mit Bayer Leverkusen oder dem 1.FC Köln. Hier ist es deutlich schwieriger eine professionelle Struktur aufzubauen, als in anderen Regionen.

Wie würden Sie die Leichlinger Struktur denn bezeichnen?

Hilger Als semiprofessionell. So sieht sich der Verein aber auch selbst.

Wie groß ist die Rolle von Trainer-Manager Frank Lorenzet?

Hilger "Lori" ist Mister Leichlingen. Er ist ein hauptamtlicher Trainer, das darf man nicht vergessen. Von dieser Seite ist die Arbeit in Leichlingen hochprofessionell. Er kann aber sehr gut einschätzen, wie schwer es ist, in dieser Region ein professionelles Team aufzubauen. Dazu fehlt unter dem Strich auch das Geld. Das gehört in diesem Haifischbecken voller Vereine natürlich zu einem vernünftigen Umfeld dazu.

Wie haben Sie das Fan- und Zuschauerumfeld empfunden?

Hilger Es war ein sehr familiäres Umfeld. Wir sind zwar nicht dafür bekannt, dass wir immer eine volle Halle haben, aber die Unterstützung des Publikums war immer da. Das war lobenswert. Die Zuschauer waren verständnisvoll. Wenn wir Hilfe brauchten, waren sie oft auch da.

Wie schwer war es, in dieser verletzungsreichen Saison immer wieder aufzustehen?

Hilger Am Ende sind wir alle Sportler, die ungern verlieren. In unserer Situation war es das einfachste, den Kopf nicht in den Sand zu stecken und einfach weiterzumachen. Wir haben eine schlechte Rückrunde gespielt und ein paar Klatschen bekommen, die keiner gern kassiert. Mit unserem kleinen, aber individuell stark besetzten Kader haben wir unter dem Strich das Optimum rausgeholt. Man muss das ganze realistisch sehen: Seit einem dreiviertel Jahr spielen wir mit wenigen Leuten und gehen auf dem Zahnfleisch. Ich brauche mittlerweile zwei Tage, um nach einem Spiel wieder körperlich klarzukommen.

Kommt es für Sie da gelegen, dass es beim Oberligisten Derschlag jetzt etwas ruhiger zugeht?

Hilger Mit der 3. Liga kann sich die Oberliga sicher nicht vergleichen. Es wird aber auch kein rapider Absturz. Ich habe mich vertraglich gebunden und will voll durchziehen. Ich brauche jetzt nur noch fünf Minuten zum Training und kann den Sport deutlich besser mit meinem Privat- und Berufsleben vereinbaren. Das ist der größte Unterschied zu Leichlingen.

Wissen Sie schon, wann Sie mit dem Handball aufhören wollen?

Hilger Ich schaue von Jahr zu Jahr. Man darf niemals nie sagen in der Branche. Vielleicht kommt ja irgendwann noch einmal der THW Kiel um die Ecke. . .

Sieht man Sie noch einmal bei Heimspielen des LTV?

Hilger Natürlich. Jedes Spiel werde ich nicht schaffen, aber ich habe auch in Ferndorf Heimspiele angesehen. Es spricht nichts dagegen, das auch in Leichlingen zu tun.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE MORITZ LÖHR.

(mol-)
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