Volleyball Mama Liu stellt noch mit 44

Zuspielerin Dai Ming Liu könnte die Mutter der meisten anderen Zweitliga-Volleyballerinnen des TSV Bayer 04 sein. Doch die Chinesin aus einer volleyballverrückten Familie hat der Ehrgeiz zum Leistungssport noch einmal gepackt.

Die aktuelle Saison wird sie in jedem Fall zu Ende spielen. Wie und ob es im Anschluss sportlich weitergeht, das lässt Dai Ming Liu derzeit offen: "Ich weiß es wirklich noch nicht." Sie macht kein Geheimnis daraus, dass das vergangene Halbjahr strapaziös war für sie.

"Im Gegensatz zu meinen Mitspielerinnen brauche ich deutlich länger für die Regeneration", sagt Liu. Manchmal benötige sie gar einen ganzen Tag, um ein Spiel körperlich wegzustecken. "Ich bin halt alt", ergänzt die freundliche Frau mit dem chinesischen Äußeren.

Natürlich ist sie nicht wirklich alt, Liu ist gerade einmal 44 Jahre. Aber im Vergleich mit ihren Mitspielern erscheint sie in der Tat betagt. In der Zweitliga-Mannschaft der Volleyballerinnen des TSV Bayer 04 hat Liu es Woche für Woche mit 19- und 20-Jährigen zu tun, die noch zur Schule gehen oder eine Ausbildung machen. "Es ist eine tolle Mannschaft mit vielen jungen Spielerinnen, die richtig gut angreifen können", schwärmt Liu.

Das Zusammengehörigkeitsgefühl sei riesig, jede stehe für die andere ein. In der Liga hat sich dies in einer weiteren außerordentlichen Hinrunde niedergeschlagen. Wie bereits in der vorangegangenen Saison stehen die Leverkusenerinnen nach der ersten Hälfte der Spielzeit ungeschlagen auf Rang eins.

Anders als im Vorjahr ist aber Zuspielerin Lisa Bartsch nicht mehr dabei. Sie zog es nach einer starken Saison in die USA zum Studieren. Ersatz für die zentrale Position musste her, und der soeben vom Co- zum Cheftrainer beförderte Zhong Yu Zhou erinnerte sich im Sommer an Ming Liu. "Wir kennen uns schon aus gemeinsamen Zeiten in Peking", berichtet Liu.

Sieben Jahre spielte sie in der Peking-Auswahl, bevor sie mit 22 nach Deutschland kam, zum Verein, in dem auch Zhou arbeitete: dem VC Schwerte. Zwei Jahre lief sie dort in der Ersten und Zweiten Liga als Zuspielerin auf — dann war Schluss. "Die Familie ging vor", Liu deutet in Richtung der zwei jungen Damen, die mit am Tisch sitzen: die 15-jährige Danny und die 13- jährige Yina. Es fehlt: die zehnjährige Jenni.

"Komm einfach mal vorbei"

"Alle drei Töchter spielen Volleyball", erzählt Liu. Und vor rund anderthalb Jahren wollte auch sie es noch mal wissen, stieg bei der Oberliga-Mannschaft des Moerser SC wieder ein. Dort spielen die Töchter, und ihr Mann Chang Cheng Liu, als Spieler in Chinas Nationalteam in der Bundesliga mit Moers aktiv, trainiert dort die Bundesliga-Herren. In so einer Volleyball-verrückten Familie wollte auch die Mutter "noch mal richtig kämpfen und so gut spielen, wie es geht".

Von diesem Wunsch hörte wohl auch Zhou. "Er hat gesagt: Komm einfach mal vorbei", erinnert sich Liu. Als sie sich in Leverkusen vorstellte, hätten die neuen Kolleginnen sie ebenfalls gleich ermuntert, weiterzumachen. Sie sagte für eine Saison zu, und die Töchter finden es toll. "Wir waren überrascht, aber wir haben uns riesig gefreut", sagen Danny und Yina.

Der Spaß an Wettkampf und Spiel lassen ihre Mutter auch Strapazen ertragen. Das mit der Regeneration, die lange Anfahrt aus Moers oder Sport und Familie unter einen Hut zu bekommen. "Es ist nicht einfach. Aber es gibt Lösungen", sagt Liu. Sie selbst profitiere sehr von ihrem späten Comeback: "Wenn ich mit den jungen Spielerinnen zusammen bin, werde ich automatisch auch jünger."

(RP)
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