Leichtathletik Leverkusener Zehnkämpfer weltspitze

Leverkusen · Michael Schrader (TSV Bayer 04) führt seit dieser Woche die Weltjahresbestenliste der Zehnkämpfer an, Vereinskollege Johannes Hock ist Dritter. Beide haben die WM-Norm bereits erfüllt, aber nur Schrader wird wohl in Moskau starten.

Es ist nicht das erste Mal, dass Michael Schrader für eine Überraschung sorgt. Bereits vor vier Jahren stieß der damals 21-Jährige unerwartet in die Zehnkampf-Elite vor, als er in Götzis mit 8522 Punkten oben auf dem Siegerpodest landete. Am Donnerstag gelang ihm ein ähnliches Kunststück. Nachdem er viele Jahre beständig von Verletzung zurückgeworfen worden war, lief, stieß, warf und sprang der Athlet des TSV Bayer 04 in Ulm zu 8427 Punkten, katapultierte sich an die Spitze der Weltjahresbestenliste und steht aktuell als deutscher Favorit für eine Nominierung für die Leichtathletik-WM in Moskau da.

Allerdings ist der 25-Jährige erst der zweite Leverkusener, der in diesem Monat die WM-Norm (8200 Punkte) überboten hat. Dies gelang Anfang Mai bereits Johannes Hock, der im texanischen Waco mit 8293 Zählern eine persönliche Bestmarke aufstellte. Allerdings musste der 21-Jährige einige Tage um die offizielle Anerkennung des Wettkampfs zittern, da mitunter zu starker Wind geherrscht hatte. Mitte dieser Woche gab es aber Entwarnung, "die Leistung ist doch bestenlistenfähig", jubelte Hock. Aktuell liegt er damit in diesem Jahr auf Rang drei weltweit, so dass der TSV knapp 50 Jahre nach dem Gewinn des ersten Olympia-Golds durch Willi Holdorf – zumindest für kurze Zeit – das Zentrum der Zehnkampf-Welt bildet. Dabei haben Hock und Schrader auf völlig unterschiedlichen Wegen zu ihren jeweiligen Hochs gefunden.

Hinter Schrader liegen entbehrungsreiche Jahre. 2009, als frischer Götzis-Gewinner und Olympia-Zehnter von Peking, von Bayer Uerdingen nach Leverkusen gewechselt, brachte er es in der Zwischenzeit nur zu einem einzigen vollständigen Zehnkampf. Der brachte ihm 2010 den Deutschen Meistertitel ein (8003 Punkte). Da hatte er den ersten Fußbruch im neuen Trikot zwar bereits auskuriert. Aber die Probleme blieben. Im vorigen Jahr sollte Götzis zur Bühne für sein Comeback werden – aber nach dem Stabhochsprung musste er aussteigen.

Die Verletzungen blieben ihm treu, der Traum von Olympia 2012 in London platzte, sogar Gerüchte über ein mögliches Karriereende machten die Runde. Davon wollte Schrader aber nichts wissen. "Ich möchte nur vollständig gesund werden. Wenn das funktioniert, kommen die guten Leistungen von ganz allein", sagte er Anfang dieses Jahres. Und aktuell scheint er damit Recht zu behalten. Beim Zehnkampf in Ulm ließ er in keiner Disziplin Schwächen erkennen und stellte über 110 Meter Hürden (14,02 Sek.) und mit dem Diskus (45,62 m) sogar neue Bestleistungen auf.

Johannes Hock schloss sich vor gut anderthalb Jahren der Trainingsgruppe von Axel Berndt an. Nach einer Saison, in der seine Leistungen noch nicht ganz an die anvisierte 8000-Marke heranreichten, erreichte ihn ein Angebot aus den USA: Er erhielt ein halbjähriges Stipendium an der Universität von Texas in Austin, wo er seit Anfang des Jahres mit Weltmeister Trey Hardee und weiteren Mehrkämpfern von Mario Sategna trainiert wird. Seither explodierten seine Leistungen regelrecht. Ständig neuen Bestleistungen folgten nun die 8293 Punkte – 400 Zähler mehr als seine bisheriger Bestmarke. Das Ende soll damit aber noch längst nicht erreicht sein: "Ich war noch nie jemand, der sich Grenzen gesetzt hat", sagt Hock.

In einer Angelegenheit ist er allerdings limitiert: Um an der WM in Moskau teilzunehmen, müsste er seine Leistung in Götzis an diesem Wochenende oder in Ratingen (15./16. Juni) wiederholen. Starts dort sind aber nicht geplant.

(RP/rl)
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