Lokalsport Konstante Konstanze

Leverkusen · Laufwunder, Phänomen, das größte nicht in Afrika geborene Talent - für eine Beschreibung der Senkrechtstarterin Konstanze Klosterhalfen ist derzeit beinahe jeder Superlativ passend. Bei den Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften am Wochenende in Erfurt hat sie mit einer Gala-Vorstellung den Titel über 1500 Meter gewonnen.

Die 20-jährige Mittelstrecklerin des TSV Bayer rannte in 3:59,58 Minuten zum Sieg - und zeigte sich vor der U23-EM in Bydgoszcz (Polen) am kommenden Wochenende in beeindruckender Form. "Ich kann es selbst nicht richtig glauben. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl und eine unbeschreibliche Zeit. Ich habe es einfach genossen", sagte Klosterhalfen. In Erfurt pulverisierte sie den 40 Jahre alten Meisterschaftsrekord der Mainzerin Janice Merrill (4:06,5/1977).

In Klosterhalfen haben der TSV Bayer und die deutsche Leichtathletik zweifellos eine große Laufhoffnung. Auch auf europäischer Bühne rennt die 20-Jährige vorne mit. Bei der Team-EM in Lille gewann sie über 1500 Meter und sicherte dem deutschen Team wichtige Punkte. Sie hält den Hallen-Europarekord der U20 über 3000 Meter (8:56,36 Minuten), 2016 gewann sie über die gleiche Distanz Bronze bei der Junioren-WM in Polen, über 1500 Meter gab es in diesem Jahr ebenfalls in der Halle Silber bei der EM in Belgrad. Hinzu kommt die Olympia-Teilnahme 2016 in Rio, wo sie allerdings das Finale verpasste. Zu ihrer Titelsammlung zählen außerdem zwei Deutsche Meisterschaften jeweils in der Halle und unter freiem Himmel - und das ist nur ein Auszug.

Seit 2008 trainiert Klosterhalfen beim TSV Bayer. Für die EM in Polen und die WM in London hat sich die feingliedrige, 1,74 Meter große Ausdauerspezialistin einiges vorgenommen. Dass die internationale Konkurrenz eine ganz andere Herausforderung ist, weiß Klosterhalfen - und auch Paul-Heinz Wellmann, Geschäftsführer der Leichtathletik-Abteilung des TSV. Er traut ihr dennoch eine gute Rolle bei beiden Wettkämpfen zu. Wie es die Hoffnungsträgerin schafft, dauerhaft so konstant stark zu laufen, kann sich auch der Bronzemedaillengewinner bei Olympia 1976 über 1500 Meter nicht erklären. "Sie hat ein großartiges Talent, einen klaren Kopf und bereitet sich immer akribisch auf Wettkämpfe vor", sagt Wellmann. Zudem sei sie unbekümmert, bescheiden und lasse sich nicht von dem Trubel um ihre Person ablenken. Ihr Trainer Sebastian Weiß sagt, Klosterhalfen habe "immer Bock" auf Training. Um die 90 Kilometer spule die Athletin pro Woche ab.

Sie ist aber nicht das einzige Talent, das in Erfurt auf sich aufmerksam machte: Stabhochspringer Bo Kanda Lita Baehre (5,60 Meter) und Hochspringer Mateusz Przybylko (2,30 Meter) feierten ihre ersten Titel auf nationaler Ebene. Gold gab es auch für Speerwurf-Weltmeisterin Katharina Molitor (61,16 Meter), die mit 33 Jahren freilich nicht mehr in die Kategorie "Talent" fällt. "Mit insgesamt zehn Medaillen können wir zufrieden sein - auch, wenn es etwas weniger als die 13 aus dem Vorjahr sind", sagt Wellmann. Besonders erfreulich sei das gute Abschneiden der jungen Athleten des TSV. "Da ist viel Potenzial im Team."

Eine sticht allerdings aus der Riege der Hochveranlagten heraus: Konstanze Klosterhalfen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort