Judo Ein Albtraum für alle anderen

TSV-Judoka Karl-Richard Frey (19) ist seit kurzem Europameister. Auf der Matte gleicht er einer Maschine, erzählen viele. Und in der Tat konnten ihn 2010 nur wenige besiegen. Das soll auch bei der anstehenden WM so bleiben.

Selten trifft man Menschen, bei denen die Beschreibung "Ein Kerl wie ein Baum" für den Baum schmeichelhaft klingt. Karl-Richard Frey ist so jemand. Als der Judoka vom TSV Bayer 04 im Juli ein U 20-Turnier in Korea gewann, übermittelte sein Trainer per Telefon in die Heimat: "Die haben hier alle Angst vor ihm." Und die Zahl der Gegner, die dem 19-Jährigen so lange wie möglich auf der Matte aus dem Weg gehen wollen, erhöht sich fast wöchentlich.

Zuletzt bei den U 20-Europameisterschaften in Bulgarien, als Frey die Konkurrenz das Fürchten lehrte und Gold in der Gewichtsklasse bis 100 Kilogramm gewann. "Das war allerdings eine neue Erfahrung für mich, weil ich schon den Erwartungsdruck gespürt habe, der auf mir lastete. Schließlich haben alle mit Gold gerechnet", sagt Frey. Nach anfänglicher Nervosität war dann aber alles wie immer — und der TSV hatte einen Europameister in seinen Reihen.

Erst dreimal verloren 2010

An diesem Abend sitzt das Aushängeschild der Judo-Abteilung auf den Zuschauerstufen der Judohalle an der Tannenbergstraße. Er trägt einen Kinn- und Backenbart, und die Konturen unter seinem weißen Langarm-Shirt lassen erahnen, warum er sagt: "Ich weiß, dass ich jeden Kampf gewinnen kann, wenn ich das abrufe, was ich kann." In diesem Jahr hat er sein Potenzial oft abgerufen. Erst in drei Kämpfen ging er als Verlierer von der Matte. Dem gegenüber stehen neben den Siegen bei der EM und in Korea auch erste Plätze bei Turnieren in Frankreich, Litauen und Portugal.

Doch von nichts kommt auch im Falle des Kölners Frey nichts. Dreimal täglich trainiert er, sieben Tage die Woche. Judo-Training, Ausdauereinheiten und Stunden im Kraftraum. Vor der Schule und am Abend. "Mein Leben besteht nur aus Judo und Schule", stellt Frey klar, dem der Landesverband NRW ein Zimmer in einem Kölner Internat bereitgestellt hat, damit er mit dem Landestrainer dort trainieren kann. Mit fünf schleppte ihn der Vater, ein Jiu-Jitsu-Kämpfer, zum Judo.

"Fußballspielen könne ich auch auf der Straße, da müsse ich in keinen Verein, sagte er", erinnert sich Frey, der 2011 sein Fachabitur anvisiert und als Berufswunsch die Bundespolizei angibt.

Ziele: WM und Olympia 2012

Wer sich selbst am oberen Ende der sportlichen Nahrungskette weiß, sieht sich der Gefahr der Überheblichkeit gegenüber, oder? "Im Judo kann ein Kampf in jeder Sekunde vorbei sein, man darf sich also keine Unachtsamkeiten erlauben", stellt Frey klar. Und auch Vereinskollegen bescheinigen ihm, der seit 2008 für Bayer kämpft, er gehe jeden Kampf, ob EM oder Bundesliga, mit der gleichen Konzentration an.

Die nächsten Ziele stehen für Frey klar am Horizont: Zuerst die WM in Agadir/Marokko ab dem 21. Oktober. Und dann natürlich Olympia 2012 in London. "Da nominiert zu werden, wäre mein Traum", sagt er. Um den zu realisieren, wird er wohl noch vielen Kontrahenten als Albtraum begegnen.

(RP)
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