Auf Kaffeefahrt

Was in Karlsruhe vergnüglich beginnt, wächst sich durch einen Akt der Nachlässigkeiten zu einem Ärgernis aus. Die Analyse: „Wir haben in der zweiten Halbzeit nichts von dem gezeigt, was wir können.“

Sie formierten sich ganz schnell zu einer lebendigen Diskussionsrunde. Nach Leverkusens 3:3 in Karlsruhe steckten René Adler, Simon Rolfes, Tranquillo Barnetta und Stefan Kießling auf dem Weg zu den relativ wenigen Bayer-Fans in der Kurve des Wildparks die Köpfe zusammen, sprachen aufgeregt miteinander, zeigten nach hier und nach da, ab und zu ließ sich ein Kopfschütteln erkennen. Über den genauen Inhalt der spontan und emotionsgeladen geführten Debatte mochte Barnetta, als Schweizer gleichsam zur Diskretion verpflichtet, nichts preisgeben. Er hielt es arg allgemein: „Wir haben in der zweiten Halbzeit nichts von dem gezeigt, was wir können. Und wir können froh sein, dass wir nicht noch verloren haben.“

René Adler, der Torwart, dem die drei Treffer an die Nieren gegangen zu sein schienen, verspürte absolut keine Lust auf Auskunft. „Heute sage ich gar nichts, ich habe heute keinen Bock“, grummelte er und stieg verschnupft in den Bus. Bedient vermutlich auch deshalb, weil sich die Kollegen vor ihm nach der 3:0-Führung in offenbarter Sorglosigkeit auf einer vergnüglichen Kaffeefahrt ins sonnige Badener Land wähnten.

Sie alle hätten ja so viel erzählen können – darüber etwa, wie eine bislang so diszipliniert agierende Mannschaft Knall auf Fall jegliche Ordnung aufgeben kann, wie es geht, dass kein gescheiter Pass mehr aus der Abwehr kommt, kein vernünftiger Angriff mehr inszeniert wird. „Wir haben nur noch lange Bälle gespielt“, merkten Rolfes und Trainer Bruno Labbadia an. Bei Patrick Helmes stellte sich die Frage, warum er nach seinem frühen Treffer in Genügsamkeit verfiel bis zu seinem eklatanten Ballverlust vor Karlsruhes Ausgleich. Und wer wüsste nicht gern, was sich etwa Gonzalo Castro gedacht hat, als er begann, schludrig Rückpässe auf Adler zu spielen, nach denen die Bälle für den Torwart entweder schwer zu verarbeiten waren oder ihn gar in Nöte brachten. So etwas sieht nicht nur der auf der Tribüne sitzende Bundestrainer ungern. Seine Freude hätte Joachim Löw speziell an Michal Kadlec gehabt, wenn der denn Deutscher wäre. Der Tscheche machte sich in seinem Unternehmergeist zu Bayers Bestem, dynamisch, entschlossen, schussstark nicht nur beim Freistoß zum 3:0. In Fleiß und Engagement kam Kießling dem Kollegen von der linken Außenbahn am nächsten – unabhängig davon, dass der lange Franke den Ball zum 1:3 abfälschte, was Adler, in die andere Ecke unterwegs, komisch aussehen ließ.

Was passiert ist durch das 3:3 vorm Schalke-Spiel? „Wir“, sagte Patrick Helmes, „sind am Samstag nicht in Zugzwang. Wir haben 25 Punkte und stehen gut da oben.“

(RP)
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