Leverkusen SPD-"Shooting Star" Richrath stürmt ins Rathaus

Leverkusen · Das Gesetz der Serie hält: Seit Einführung des hauptamtlichen Oberbürgermeisters hat in Leverkusen bisher kein Stadtchef seine Erfahrung in einen Wahlsieg ummünzen können. So erging es gestern Abend auch Reinhard Buchhorn (CDU), der von SPD-Herausforderer Uwe Richrath bereits im ersten Wahlgang besiegt wurde.

Es war kurz vor 19 Uhr gestern Abend im Rathaus, als Grünen-Ratsherr Gerd Wölwer den Fraktionsvorsitzenden der CDU, Thomas Eimermacher, im Vorbeigehen am Arm fasste und sagte: "Komm mit zu Reinhard." Eimermacher, bis dahin im Gespräch mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Helmut Nowak, reihte sich sofort ein und machte sich mit den Bündnispartnern auf den Weg ins Büro des Oberbürgermeisters.

In dem wird ab dem 20. Oktober nicht mehr Reinhard Buchhorn (CDU) sitzen, sondern sein SPD-Herausforderer Uwe Richrath. Der bescherte dem Amtsinhaber gestern etwas, das in der Fußballersprache nur als als Klatsche bekannt ist. 51,2 Prozent der Wählerstimmen im ersten Wahlgang bedeuteten den direkten Einzug ins Rathaus für Richrath, Buchhorn dagegen brachte es gerade einmal auf 29,8 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung erreichte mit 36,5 Prozent einen historischen Tiefpunkt. Die weiteren Herausforderer Erhard Schoofs (Bürgerliste, 12,6 Prozent) und Markus Beisicht (Pro NRW, 6,5 Prozent) blieben an diesem Abend bedeutungslos.

Solche Zahlen-Analysen waren der SPD-Anhängerschaft im Saal gestern allerdings fremd. Während Buchhorns Bündnispartner - immerhin vier Parteien bzw. Wählergruppierungen - dem Unterlegenen noch Trost spendeten, ließen es die zahlreich vertretenen Genossen im Saal so richtig krachen.

"Uwe, Uwe"-Sprechchöre gab es bereits beim Erscheinen des Wahlsiegers kurz nach 19 Uhr. Im unaufhaltsamen Strom der Gratulanten mussten sich sogar Ehefrau Anne und Sohn Paul ihren Weg bahnen. Dann gab es jedoch kein Halten mehr. Sowohl Richrath als auch seinem 18-jährigen Filius standen die Tränen in den Augen, als sie sich in die Arme fielen. " Ich bin super stolz auf meinen Vater", erklärte Paul später unserer Redaktion: " Ich habe immer an ihn geglaubt." Und Richraths Ehefrau ergänzte: "Es ist seine Leidenschaft, die ihn so besonders macht. Ich bin sicher: Er wird ein guter Oberbürgermeister, weil er sich um die Menschen kümmert." Angst davor, den Ehemann künftig weniger um sich zu haben als zuvor habe sie "überhaupt nicht", betonte sie. Als selbstständiger Geschäftsmannfür Damenmode hatte Richrath vermutlich bisher auch keinen Acht-Stunden- Tag.

Währenddessen versuchten sich Thomas Eimermacher (CDU), Markus Pott (OP Plus) und andere Buchhorn-Unterstützer an Erklärungs-Modellen für den Absturz. "Ich bin fassungslos", räumte Eimermacher ein: "Unser Kandidat hatte immerhin vier Gruppierungen hinter sich". Offenbar habe man es aber nicht geschafft, dieses große Wähler-Potenzial an die Urnen zu bringen. Warum nicht - das müsse nun in Ruhe aufgearbeitet werden.

Die Aufarbeitung ihres Wahlsiegs erledigten die Genossen gestern Abend nebenbei in feucht-fröhlicher Runde im Wiesdorfer Szene-Lokal "Dos Y Dos". Parteichefin Eva Lux fühlte sich dabei noch einmal bestätigt, in Uwe Richrath "genau den Richtigen" gefunden zu haben - "einen, der die Menschen versteht und dessen Türen offen stehen." Und dann ließ sie noch eine Spitze in Richtung Buchhorn los: "Ich habe jetzt", sagte Lux, "endlich einen Oberbürgermeister, der auch mit mir spricht."

(RP)
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