Leverkusen Soziale Gerechtigkeit als Aufgabe

Leverkusen · Wie viel soziale Spaltung verträgt eine Gesellschaft, ehe sie nachhaltig erschüttert wird? Beim 18. Arbeitnehmerempfang der Stadt Leverkusen suchte Jörg Mährle, Regionalgeschäftsführer im Deutschen-Gewerkschafts-Bund (DGB) der Region Köln-Bonn, nach Antworten auf diese und weitere Fragen. Im Industriemuseum Freudenthaler Sensenhammer applaudierten rund 100 Vertreter aus Parteien, Gewerkschaften und Betrieben seinem Impulsvortrag unter der Überschrift "100 Jahre nach der Novemberrevolution".

 Jörg Mährle, DGB-Regionalgeschäftsführer Köln-Bonn, sprach beim 18. Arbeitnehmerempfang über die soziale Spaltung der Gesellschaft.

Jörg Mährle, DGB-Regionalgeschäftsführer Köln-Bonn, sprach beim 18. Arbeitnehmerempfang über die soziale Spaltung der Gesellschaft.

Foto: U. Miserius

Eingangs hatte OB Uwe Richrath die Gäste begrüßt und die Notwendigkeit von Gewerkschaften, Betriebs- und Personalräten unterstrichen. Der jüngste Tarifabschluss im öffentlichen Dienst sei ein Fortschritt, den er einerseits begrüße. Andererseits stelle er ihn als Verwaltungschef vor Probleme. "Unter Umständen muss ich Mitarbeiter stärker belasten, um mehr Lohn auszuzahlen", sagte Richrath. Das sei weder logisch noch konsequent. Das Thema Wohnungsbau beschäftige ihn ebenso wie die Tatsache, dass es in Großstädten immer weniger bezahlbaren Wohnraum gebe. Dem gelte es entgegenzuwirken, um für gesicherte Lebensgrundlagen von Familien und älteren Menschen sorgen zu können. Jens Scheumer, Vertreter des DGB Leverkusen, thematisierte den drohenden Verkehrsinfarkt in der Stadt und forderte, dass mehr kleinere und mittlere Unternehmen ein Jobticket anbieten sollten.

Mährle sagte: "Soziale Gerechtigkeit ist eine Daueraufgabe - selbst 100 Jahre nach der Novemberrevolution." Diese mehr oder weniger vergessene Revolution, in der das Frauenwahlrecht entstand und Betriebsräte gegründet wurden, sei noch heute von Bedeutung. Eine weitere Auswirkung sei der Beginn der Tarifautonomie gewesen. "Gute Löhne sind wichtig, damit Menschen in Würde leben können." Diese Errungenschaften seien kein Selbstläufer, sondern müssten täglich verteidigt werden, ergänzte er und nannte Sonntagsöffnung und Onlinehandel als Beispiele. Die politische Maxime "Jede Arbeit ist besser als keine Arbeit" sei Hohn für Kollegen, die 40 Stunden pro Woche arbeiteten und am Ende nicht mehr Geld hätten als jemand, der nicht arbeite und von Sozialhilfe lebe. Das greife die Errungenschaften von einst an und sei von der Gesellschaft auf Dauer nicht auszuhalten.

(gkf)
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