Sommerkonzert Musik des 20. Jahrhunderts – alles außer langweilig

Von wegen langweilig. Das hatten wohl einige Besucher der Matinee im Spiegelsaal befürchtet, nachdem sie gelesen hatten, dass der Musizierkreis der VHS für sein sommerliches Konzert ausschließlich Musik des 20. Jahrhunderts anbieten wollte.

 Im Spiegelsaal von Schloss Morsbroich präsentierte der Musizierkreis der VHS ein abwechslungsreiches Programm.

Im Spiegelsaal von Schloss Morsbroich präsentierte der Musizierkreis der VHS ein abwechslungsreiches Programm.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Der langjährige Leiter Werner Kämmerling versprach es gleich zu Beginn: „Kalt wird es heute nicht, und es wird auch nicht langweilig!“ Und damit behielt er in jeder Hinsicht Recht. Nach fast zwei Stunden Musik waren nicht nur die engagierten Instrumentalisten ins Schwitzen geraten, sondern auch die Zuhörer, denen das Stillsitzen auf den Stühlen mitunter schwer fiel. Forderten schwingende Tänze und knackige Rhythmik doch eigentlich zur Bewegung auf.

Die beschränkte sich allerdings auf das Klatschen der Hände, und Applaus gab es nach jedem einzelnen Programmpunkt reichlich. Also doch nicht so langweilig, dieses 20. Jahrhundert. Steht das 18. Jahrhundert vor allem für die Entwicklung der Streicherliteratur und das 19. für Höhepunkte in der Klaviermusik, brachten die vergangenen 100 Jahre eine erstaunliche Vielfalt hervor. Wer sich das vorher gar nicht so bewusst gemacht hatte, wurde mit diesem Konzert eines Besseren belehrt. Dafür sorgte natürlich auch die Moderation des Musikprofessors, der schon seit mehr als sechs Jahrzehnten diesen Musizierkreis leitet, für dessen Zusammensetzung mit Gitarren, Block- und Querflöten, Celli Kontrabass und einem Fagott der Fundus eigentlich gar nichts bietet. Kämmerling hat von je her die (technisch machbaren) Perlen der Musik für seine Besetzung bearbeitet.

Auch dieses Mal, als das Ensemble mit drei Walzern eröffnete, die nur die Taktart gemeinsam haben. Nach beschwingten Stücken von Schostakowitsch und Khatchaturian musste der getragene „Valse Triste“ von Jean Sibelius melancholisch stimmen. Das hielt nicht lange an, denn im 20. Jahrhundert entwickelten sich auch Jazz, Swing und Ragtime. Darauf haben sich der Professor und sein Sohn Roland Kämmerling spezialisiert, mit allergrößtem Vergnügen und beeindruckender Virtuosität. Sie hätten schon manche Schlacht gemeinsam geschlagen, hieß es, bevor sie sich in Titel wie „Once in a while“ (Michael Edwards) oder „Cherokee“ (Ray Noble) stürzten. Da ging Kämmerling am Klavier so richtig aus sich heraus und Sohn Roland forderte ihn mal mit Trompete, mal mit dem Flügelhorn heraus. Nicht zuletzt mit Gershwins „Lady be good“, das in den 1920er Jahren entstanden ist.

Auf Zwölftonmusik hatte man im Programm verzichtet, der Vollständigkeit halber fügte Kämmerling ein Zwei-Minuten-Stück am Klavier hinzu: „Das ist kein Liebe auf den ersten Blick.“ Und wirklich durchgesetzt hat sie sich auch nicht, wie der Sprung ans Ende des Jahrhunderts zu John Rutters süffig-spätromantischem „O Waly, Waly“ bewies. Ein erfrischender, unterhaltsamer und auch lehrreicher Vormittag.

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