Interview Michael Wenge „In der Spitze bis zu 400 Anrufe pro Tag“

Hauptgeschäftsführer Michael Wenge berichtet, wie die IHK ihre Mitglieder während der Corona-Krise unterstützt.

 Michael Wenge ist seit Anfang 2002 Hauptgeschäftsführer der Bergischen IHK.

Michael Wenge ist seit Anfang 2002 Hauptgeschäftsführer der Bergischen IHK.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Viele Unternehmer schwanken zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Wie kann die IHK helfen?

Wenge Wir stehen unseren bergischen Unternehmen mit Rat und Tat zur Seite. Wir haben in der ganzen Corona-Zeit durchgehend geöffnet und sind auch persönlich immer ansprechbar. Außerdem helfen wir durch Beratung über alle Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung und über die vielen aktuellen rechtlichen Fragen und vermitteln auch bei Schwierigkeiten zwischen Unternehmen und Banken. Wir sehen uns als Informationsbroker in einer für die Wirtschaft sehr schwierigen Zeit und führen natürlich viele politische Gespräche, insbesondere über die dringend notwendigen Lockerungen.

Wie viele Beratungsgespräche wurden bisher geführt?

Wenge Wir haben Ende Februar direkt nach unserer Blitzumfrage zum Thema Corona als eine der ersten deutschen Kammern eine Telefonhotline (0202 2490555) geschaltet. Mittlerweile haben wir darüber rund 3500 Anrufe erhalten; in der Spitze bis zu 400 am Tag. Rund 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich in Schichten, teilweise von Montag bis Samstag, von 8 bis 18 Uhr, in der Hotline engagiert.

Worum ging es im Detail?

Wenge Thematisch haben sich die Fragen natürlich gewandelt. Am Anfang stand die Antragstellung für das Kurzarbeitergeld im Vordergrund. Mit Beginn des Sofortprogramms brach beim Land der Server aufgrund Überlastung zusammen und damit war unsere Hotline in Volllast. Mittlerweile stehen neben dem Sofortprogramm viele Details im Fokus. Da geht es um Hygienemaßnahmen, Öffnungsmöglichkeiten und vieles mehr. Aktuell rufen noch täglich 80 bis 100 Interessierte an.

Wie oft wird das Internet-Angebot der IHK genutzt?

Wenge Unsere umfangreichen Online-Informationen zur Corona-Krise und den diversen Hilfsprogrammen von Land und Bund wurden ebenfalls sehr gut angenommen. So konnten wir im März auf der Webseite bergische.ihk.de 30 Prozent mehr Besucher als im Vormonat verzeichnen.

Reichen die Angebote von Bund, Ländern und Kommunen?

Wenge Mit Krediten, die trotz guter Konditionen zurückgezahlt werden müssen, ist den vielen Unternehmen nicht gedient. Deshalb ist die Soforthilfe für akute Kosten in Form eines Zuschusses von 9000 Euro, 15.000 Euro oder 25.000 Euro sehr wichtig. Im Städtedreieck haben davon rund 15.000 Unternehmen mit einem Volumen von 200 Millionen Euro profitiert. Allerdings wird der einmalige Zuschuss kaum ausreichen, um die Schäden aus dem Lockdown, den Zusammenbruch der weltweiten Lieferketten und die Zurückhaltung der Verbraucher aufzufangen. Wir wissen heute außerdem noch nicht, wie lange sich die Situation hinzieht. Unter Umständen muss eine weitere Unterstützungsaktion gestartet werden. Allerdings darf auch nicht vergessen werden, dass es hier um das Geld des Steuerzahlers geht, mit dem sorgsam umzugehen ist.

Welche Branchen sind besonders betroffen?

Wenge Betroffen sind fast alle Branchen. Besonders aber Handel, Gastronomie, Veranstaltungs- und Eventbranche, Messebauer, Touristikunternehmen, zahlreiche Dienstleister, aber auch Teile der Industrie, insbesondere diejenigen, die von der Autoindustrie abhängig sind.

Gibt es Neuigkeiten, was die Nachfolge von Präsident Thomas Meyer angeht?

Wenge Thomas Meyer ist insbesondere als Präsident der nordrhein-westfälischen IHKs derzeit in vorderster Front zur Schadensbegrenzung in der Krise engagiert, daher ist dies im Augenblick kein Thema.

Wird die Videokonferenz der neue Standard für Vollversammlungen werden?

Wenge Die Videokonferenz ist in der augenblicklichen Situation mit Kontaktbeschränkungen eine gute Lösung. Wir werden es sicher in der Zukunft gelegentlich im Einzelfall so praktizieren. Eine echte Präsenzveranstaltung mit wichtigen Entscheidungen in der Größenordnung unserer Vollversammlung können wir gegenwärtig aber noch nicht regelmäßig durch eine Videokonferenz ersetzen. Die bewährte Debattenkultur mit Rede und Gegenrede ist in einem virtuellen Raum nicht in der Form gewährleistet wie bei einer echten Sitzung mit körperlicher Anwesenheit.

Arbeiten mehr IHK-Beschäftigte von zu Hause aus? Gibt es Ausfälle durch das Corona-Virus?

Wenge Rund ein Viertel unserer Belegschaft arbeitet aktuell ganz oder zeitweise von zu Hause aus. Das sind meist diejenigen, die gesundheitlich vorbelastet sind oder kleine Kinder haben. Mir ist es wichtig, dass unsere IHK funktioniert, damit wir uns um die aktuellen Sorgen und Nöte unserer bergischen Unternehmen kümmern können. Außerdem werden wir im Mai wieder in das Prüfungsgeschäft einsteigen. Das alles funktioniert nur eingeschränkt von zu Hause aus. Ich bin deshalb sehr froh, dass ich eine so engagierte Mannschaft hinter mir weiß, die voll mitgezogen hat. Fälle von Covid-19-Erkrankungen sind glücklicherweise in unserem Haus noch nicht aufgetreten.

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