Leverkusen Sittich-Alarm an Tor 2

Leverkusen · Hunderte grüner Sittiche übernachten regelmäßig im Wiesdorfer Chempark. Ausgerechnet auf Bäumen vor der Lanxess-Zentrale. Vogelfreunde sind begeistert. Doch der Kot der Tiere stellt ein Sicherheitsproblem dar.

Die grünen Sittiche kommen täglich entlang der Kaiser-Wilhelm-Allee im Fünfer-Pack, zu Gruppen von 20 oder 40. Pünktlich zum Sonnenuntergang. Am Chempark-Tor 2 biegen die geschickten Flieger ab und lassen sich auf den Platanen vor der Lanxess-Zentrale nieder. Es sind mehrere hundert Vögel, die auf "Schlafbäumen" so viel Lärm machen, dass die Geräusche der Chempark-Betriebe überlagert werden.

Das Spektakel löst unterschiedliche Reaktionen aus. Am Samstag fuhren eigens ein Dutzend Vogelfreunde zum Tor 2, um sich die geschwätzigen Sittiche beim Eintreffen anzusehen. Für Experten ist der für Laien ungewöhnliche Schlafplatz im Chempark keine Überraschung. Die Sittiche suchten laute Stellen, weil der Lärm etwa jagende Eulen abschreckt. Auch Licht stört die grünen Vögel nicht: Es hält andere Nachtfeinde ab.

Tagsüber wird dann die ganze Bescherung, die die Sittiche unter sich lassen, sichtbar: Die Bäume an der Lanxess-Zentrale sind vollständig verkotet. Außerdem der Boden darunter und vor allem die Gehwege. Wegen der Menge der Vogelhinterlassenschaften besteht Rutschgefahr. "Es stimmt, wir müssen den Gehweg öfter mit Hochdruckreinigern säubern", bestätigte Michael Nassenstein, Sprecher des Standortbetreibers Currenta. Wer dann noch seinen Wagen unter den Bäumen parkt, kann sich gleich eine Dauerkarte bei einer Waschstraße besorgen. Allein die Vorstellung, wie sich Sittich-Kot auf dem nachtblauen Metallic-Lack einer Edelkarosse macht, lässt Autofans gruseln.

Aktionen gegen die täglichen Sittich-Anflüge gibt es im Chempark offenbar nicht. Es gäbe Riesenproteste, wenn ausgerechnet im "Bayerwerk" die "süßen" Sittiche geschossen oder mit Jagdvögeln attackiert würden. "Wir können die Vögel nur vergrämen, so sind die Gesetze", zitiert Nasenstein einen Currenta-Tierexperten.

Tagsüber sind die Sittiche verschwunden. Zum Morgengrauen wechseln die Vögel via Tor 2 zunächst von der Lanxess-Zentrale zu Bäumen neben der Bayer-Konzernzentrale. Dort ist anscheinend Lagebesprechung, bevor es nach Köln, aber vermehrt auch nach Leverkusen und Leichlingen geht. Speziell in Leichlingen werden die bisher wenigen Papageien, die dort inzwischen auftauchen, als nette Abwechslung und Bereicherung im Stadtbild betrachtet.

So ist das: Am Anfang kommen nur einige Tiere. Sie werden von den Menschen als putzige und lustige Gesellen gesehen. Auch kleinere Gruppen finden noch Akzeptanz. Schwärme wie am Chempark-Tor 2 sind als Plage einzustufen. Dann verursachen die Vögel dermaßen Lärm und Dreck, dass betroffene Anwohner den "süßen Sittichen" am liebsten den Hals umdrehen würden. Schon 2005 nächtigten in Leverkusen 1000 Sittiche, schätzte der städtische Artenschutzbeauftragte Jürgen Kossler.

Bei Chempark-Mitarbeitern gibt es zwei Gruppen: Wer schon mehrfach von Sittichkot getroffen wurde, will die Tierchen vertrieben wissen. Andere empfinden "große Sympathie" für die Papageien, die etwas Leben und Natur in das Chemiewerk brächten.

(RP)
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