Leverkusen Sensen schmieden wie vor 100 Jahren

Leverkusen · Ein Ausflug in das Industriemuseum Freudenthaler Sensenhammer lohnt sich nicht nur für die Freunde alter Technik.

 Wenn er arbeitet, sprühen Funken: Siegfried Seiler bringt Zuschauern das Schmiedehandwerk näher.

Wenn er arbeitet, sprühen Funken: Siegfried Seiler bringt Zuschauern das Schmiedehandwerk näher.

Foto: MATZERATH (ARCHIV)

Bis ins Jahr 1978 hinein dröhnten in der Sensenfabrik der Familie Kuhlmann in Schlebusch noch jeden Tag die Maschinen. Mittlerweile hat sich das arg reduziert. Aus der Fabrik wurde ein Museum, in dem Besucher sich am Wochenende die Produktion der Sensen ansehen können.

Das alte Gemäuer wird von eisernen Stahlträgern gestützt. Kaum ist die Produktionshalle nahe, riecht es nach Arbeit, Maschinen, Öl und Eisen. In den Öfen lodert Feuer. Die Geräuschkulisse ähnelt einem startenden Flugzeug. Neben jeder der Stationen, an denen das Material mit Hitze bearbeitet werden muss, ist ein Ofen angebracht.

Sieben Schritte liegen zwischen dem Rohmaterial Stahl und einer fertigen Sichel. Siegfried Seiler arbeitete rund 40 Jahre in der Fabrik, lernte seinen Beruf von der Pike auf. Heute leitet er Neulinge an und zeigt die Schritte einem interessierten Publikum. "Die fertigen Sensen verkaufen wir hier im Museum - und wir haben sie immer auf Lager", sagt der 75-Jährige. Klar: Schließlich stellt er ja auch oft genug die kleinen Sensen her.

Regelmäßig schauen ihm Besucher über die Schulter. Christoph Blöcher ist mit seiner Frau und seinen Kindern in das Gemäuer gekommen. Lange, sagt er, habe die Familie den Ausflug geplant. "Mich faszinieren die alten Maschinen und diese Kraftübertragung", erzählt der 47-Jährige.

Am Anfang steht immer ein langer Stab aus Stahl, der aber nur gut 15 Millimeter dick ist. Er muss in kleine Stücke geschnitten werden. Der Fachmann nennt diesen Schritt "Bröckeln". Die dafür zuständige Maschine trennt die Teile so spielend leicht, dass man denken könnte, ein Mensch könnte es ihr gleichtun.

Beim "Spitzen" und "Angelrecken" wird der Stahl das erste Mal erhitzt und in Form gebracht. Leuchtend orange ist die Stange, die aus dem Ofen kommt. Funken sprühen von ihr ab, während der mechanische Hammer den Stahl bearbeitet. Der Boden vibriert - und es wird klar, welche Kraft in den Maschinen steckt. Während des "Breitens" wandelt sich der Stab in eine breite Klinge, die so erstmals Ähnlichkeit mit einer Sense hat und kurz darauf kalt im "Schwanzhammer" glattgeschmiedet wird. Ein Arbeitsschritt, der sehr gut verdeutlicht, dass das Schmieden ein Lehrberuf über viele Ausbildungsjahre ist. Jeder Handgriff muss sitzen, klopft die Maschine doch mit extremen Tempo auf den Stahl.

Nach dem Abschneiden bekommt die Sense während des Aufsetzens noch eine eine Art Griff. Geübte Schmiede benötigen für die Schritte nur einige Minuten.

Siegfried Seiler konnte auf diesem Weg in seinem Berufsleben als Schmied viele, viele Sensen herstellen. Das war allerdings damals auch unabdingbar. Denn die Arbeiter wurden nach ihrer Produktivität bezahlt.

(brü-)
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