Frauenhaus Leverkusen Seit 40 Jahren Hilfe für gewaltbedrohte Frauen

Leverkusen · Das Leverkusener Frauenhaus war eines der ersten in NRW. Künstlerin Barbara Gorel fand als Erste dort Zuflucht und erinnert sich an die Anfänge.

 Barbara Gorel suchte vor 40 Jahren als Erste Zuflucht im Leverkusener Frauenhaus. Im Jubiläumsjahr hatte sie eine passende  Ausstellung organisiert.

Barbara Gorel suchte vor 40 Jahren als Erste Zuflucht im Leverkusener Frauenhaus. Im Jubiläumsjahr hatte sie eine passende  Ausstellung organisiert.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Als die aus der Frauenbewegung entstandene Initiative im Jahr 1980 ihre Arbeit aufnahm, war das Leverkusener Frauenhaus eines der ersten in Nordrhein-Westfalen. Genau 40 Jahre sind seither vergangen. Insgesamt 3122 Frauen und 3127 Kinder, die vor Häuslicher Gewalt fliehen mussten, lernten im kleinen Frauenhaus – es bietet Platz für acht Frauen und ihre Kinder – ein friedliches und gewaltfreies Leben kennen. Am grundsätzlichen Problem hat sich seither jedoch nichts geändert. Laut Polizeistatistik leben Frauen nirgendwo so gefährlich, wie im häuslichen Umfeld.

„Selten gibt es Tage, an denen wir nicht voll belegt sind – vielmehr gehört es zum Frauenhausalltag, schutzbedürftige Frauen und ihre Kinder abzuweisen“, wird in der Jubiläumszeitschrift beschrieben. „Dass das Frauenhaus bereits so lange existiert, führt uns leider deutlich die traurige Realität vor Augen“, sagte Cornelia Richrath, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Leverkusen, aus Anlass des jüngsten Jahrestages, der  – wegen Corona  – nicht wie geplant gefeiert werden konnte.

Grund zur Feier gibt es dennoch. Die Frauenbewegung hat einige Erfolge erzielt. Zum Beispiel die Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe, die Einführung des Gewaltschutzgesetzes und die Umsetzung von „Nein heißt Nein“ im Strafgesetzbuch. Deshalb feiert sich die autonome Frauenhausarbeit selbst, die aktiven Betreuerinnen einschließlich aller Vorgängerinnen und Nachfolgerinnen, „die sich für den Abbau von Machtverhältnissen und die Dekonstruktion von Geschlechterhierarchien einsetzen“, heißt es im Jahresbericht. Nicht zu vergessen auch die Bewohnerinnen, „die den Mut und die Kraft aufgebracht haben, sich aus ihren Gewaltbeziehungen zu lösen.“

Vor 40 Jahren war die Leverkusener Künstlerin Barbara Gorel die erste Frau, die aus dem Sauerland kam, um mit zwei Kindern vor einem gewalttätigen Ehemann ins gerade neu gegründete Leverkusener Frauenhaus zu fliehen. Sie wurde später die erste Frau, die eine Scheidung aus der Ferne erreichte. Auch sonst veränderte sich ihr ganzes Leben. Schlag auf Schlag folgten Hauptschul-Abschluss, Mittlere Reife, Fachabitur, Berufsausbildung, Karriere bei Bayer und schließlich – mit knapp 40 Jahren – Psychotherapie-Fernstudium und anschließender 20-jähriger Tätigkeit in eigener Praxis. Heute sagt Barbara Gorel: „Ich glaube, dass die Zeit mich zu dem gemacht hat, was ich heute bin.“

Ursula von Gizycki, Trägerin des Bundesverdienstkreuzes und sozial-politisch und künstlerisch engagierte Bürgerin, war eine jener Frauen, die vor vier Jahrzehnten das Frauenhaus initiierten. Beim Blick zurück sagt sie: „Durch Kontakte mit Kölner Frauengruppen kamen wir auf die Idee, ein Frauenzentrum zu gründen. Als viel über häusliche Gewalt geredet wurde und einige Frauen anfragten, ob sie im Frauenzentrum übernachten könnten, war uns klar, dass dies ein ganz dringendes Thema war. Die Kontakte zu den Kölner Initiativen brachte uns dann auf die Idee, auch hier in Leverkusen ein solches Haus zu gründen.“

Bereits vier Tage nach dem Start war das Haus voll belegt. Gizycki: „Unsere Vorstellung, dass sich in den zukünftigen Jahren etwas bessern würde und so ein Haus gar nicht mehr nötig wäre, hat sich leider nicht bestätigt. Im Gegenteil. Immer wieder müssen Anfragen auf Aufnahmen abgelehnt werden. Das motiviert uns immer wieder, uns weiter engagiert mit diesem Projekt zu beschäftigen und immer wieder auf diese Problematik aufmerksam zu machen.“

Nicht erst seit heute, dafür aber immer dringender, ertönt deshalb dieser Appell aus dem Aktivenkreis des Frauenhauses (teils auch aus der lokalen Politik): „Wir brauchen gesellschaftliche Veränderungen.“ Gefordert wird eine Zukunft, in der Frauenhäuser nicht mehr nötig sind. Konkret geht es darum, dass die auch von Deutschland ratifizierte sogenannte Istanbul-Konvention – die unter anderem auf die Stärkung der Gleichstellung von Mann und Frau und des Rechts von Frauen auf ein gewaltfreies Leben abzielt  – endlich auch in die Praxis umgesetzt wird.

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