Leverkusen Seit 30 Jahren hilft die "Nummer gegen Kummer"

Leverkusen · Im Anfangsjahr riefen lediglich 143 Menschen das Sorgentelefon an, im vergangenen Jahr waren es mehr als 4600.

 Ehrenamtler hören sich am Telefon die Sorgen anderer an.

Ehrenamtler hören sich am Telefon die Sorgen anderer an.

Foto: end (Archiv)

Vor allem Kindern und Jugendlichen fällt es hin und wieder schwer, sich mit ihren Problemen, Ängsten und Nöten an die ihnen nahestehenden Personen zu wenden. Die Situation ist ihnen peinlich und unangenehm. Deshalb wurde vor vielen Jahren die "Nummer gegen Kummer" ins Leben gerufen. Dort erhalten Betroffene anonym Gehör. Mittlerweile nutzen auch Erwachsene das Elterntelefon.

Vor nunmehr 30 Jahren wurde eine solche Telefonstelle auch in Leverkusen eingerichtet. 45 Ehrenamtler nehmen dort jede Woche zwischen Montag und Samstag, jeweils von 14 bis 20 Uhr, Anrufe aus ganz Deutschland entgegen. Das Telefon-Netzwerk funktioniert bundesweit, in den 16 Bundesländern gibt es 94 Verbände. Der Dachverband ist der Verein "Nummer gegen Kummer".

Während es im Anfangsjahr 1988 in Leverkusen insgesamt lediglich 143 Anrufe gegeben hatte, waren es 2017 mehr als 4600. Schließlich habe sich das Angebot herumgesprochen, vermutet Susanne Midden-Hanke. Seit 2004 koordiniert sie mit ihren Kolleginnen die Telefonseelsorge. "Insgesamt ist die Tendenz, sich Hilfe zu holen, größer geworden", bestätigt Christine Thierjung. Die Vorsitzende des Kinderschutzbundes ist stolz auf das Engagement der Freiwilligen.

Die hören sich in ihrer Freizeit viele Probleme von Teenagern an. Weil die Nummer in allen Ländern dieselbe ist, verbinden sich Kinder und Jugendliche aus der ganzen Republik mit ihnen. "Es geht mehr darum, Zeit zu schenken", betont Midden-Hanke. Schließlich handele es sich bei ihrem Engagement um ein vergleichsweise niedrigschwelliges Angebot. Wer möglicherweise ebenfalls Interesse an diesem Job hat, dem gibt sie mit auf den Weg: "Menschen, die die Welt retten und ganz nah dran sein wollen, die sind hier falsch." Dass die Verbindung zu den Kindern im Normalfall nach einem Telefonat abbricht, sei eine Schattenseite. Die Mitarbeiter erhalten mindestens achtmal im Jahr eine Aussprache. Dort können sie Dinge, die sich aufgestaut haben, herauslassen.

Im vergangenen Jahr absolvierten 20 Ehrenamtler die nötige Ausbildung - das ist ein Rekord. Sechs Monate dauert die Vorbereitung, sie läuft sowohl unter der Woche als auch am Wochenende. Die Suche läuft allerdings ständig weiter, auch aktuell benötigen die Telefonfrauen und -männer Verstärkung. Offenheit, eine Menge Selbstvertrauen und Toleranz sowie Kommunikationsfähigkeit seien unabdingbar. "Es ist nichts nur so für nebenbei. Wir nehmen die Aufgabe ernst", sagt Midden-Hanke. "Die Ausbildung ist sehr intensiv, es geht viel um Selbstreflexion."

So mancher nutzt die kostenfreie Nummer natürlich auch für Schabernack. Die Fähigkeit, zwischen wahr und falsch unterscheiden zu können, komme mit der Erfahrung.

Bund und Land geben übrigens kein Geld für diese Art von Seelsorge, die Stadt einen kleinen Teil. Insgesamt lebt das Netz von Spenden.

Info Kinder- und Jugendtelefon: 116111, Erwachsenentelefon: 0800 1110550.

(brü)
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