Leverkusen Schüler erinnern an Pogrome und die Opfer des NS-Regimes

Leverkusen · Aus den zerschmetterten Fenstern steigt Rauch in den Himmel. Lichterlohe Flammen verschlingen das kleine Backsteinhaus. Der Innenraum der Synagoge ist aber schon von Sturmabteilung und NSDAP-Leuten verwüstet, bevor am Nachmittag des 10. November 1938 das Feuer gelegt wird.

 Geistliche verschiedener Gemeinden besuchten die Gedenkfeier am Platz der Synagoge ebenso wie Oberbürgermeister Uwe Richrath (M.).

Geistliche verschiedener Gemeinden besuchten die Gedenkfeier am Platz der Synagoge ebenso wie Oberbürgermeister Uwe Richrath (M.).

Foto: Uwe Miserius

78 Jahre später steht hier ein Denkmal. Jährlich wird am Platz der Synagoge der grausamen Ereignisse und der Willkür des nationalsozialistischen Regimes gedacht. "Es ist wichtig, aus der Geschichte zu lernen", sagt Margret Thiel, Deutsch- und Geschichtslehrerin an der Montanus-Realschule. "Das sind Aussagewerte für heute und die Zukunft." Ähnlich sieht es auch Moritz Raykowski vom Landrat-Lucas-Gymnasium (LLG): "Die jetzige Entwicklung zeigt, dass wieder zum Teil enormer Fremdenhass entsteht", sagt er. "Vieles - auch Demokratie - kann außer Kraft gesetzt werden. Wir sollten jedem offen gegenüber treten, unabhängig der Herkunft."

Seit 16 Jahren organisieren Opladener Schulen eine Gedenkveranstaltung. Schüler zeigen hier Beiträge aus dem Geschichtsunterricht. Dieses Jahr waren es Schüler des LLG, der Montanus-Realschule und der Musikschule Leverkusen. Oberbürgermeister Uwe Richrath hielt eine Ansprache, Vertreter der Religionsgemeinden in Leverkusen, Köln und Umgebung waren angereist. Insgesamt versammelten sich rund 200 Besucher. Das Klezmer Ensemble der Musikschule begleitete die Andacht. Während die Klänge jüdischer Volksmusik durch die Straßen hallten, schwebte über den Köpfen das Schweigen - auch in Gedenken an Gräueltaten, die nicht nur gegen Juden gerichtet waren. Dazu gehörte Euthanasie.

1933 wurde das Gesetz zur Verhütung erkrankten Nachwuchses erlassen. Es ermöglichte, Kranke und Menschen mit Behinderung wider Willen zu sterilisieren. In Langenfeld war Galkhausen für rund 1500 Menschen eine Zwischenstation vor der Vernichtung. "Nach einem Besuch im EL-DE-Haus in Köln haben wir die Geschichte einer jungen Frau, die aufgrund ihrer geringen geistigen Behinderung euthanasiert wurde, im Unterricht aufgearbeitet", erzählt Iris Baumann, Geschichtslehrerin am Gymnasium. In einem fiktiven Brief an Anna Lehnkering haben die Schüler ihren Leidensweg zusammengefasst und beim Gedenktag vorgetragen.

Anna Lehnkerings Geschichte ist im Internet nachzulesen unter http://www.sigrid-falkenstein.de/euthanasie/anna.htm.

(RP)
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