Leverkusen Schering-Verkauf: "völliger Quatsch"

Leverkusen · Gestern stellte Bayer-Chef Dekkers die Jahresbilanz des Konzerns vor. Die Kunststoffsparte BMS schwächelte. Pünktlich kochten Gerüchte hoch. Etwa, dass Bayer die 2006 integrierte Firma Schering wieder abstoßen wolle.

 Die etagenweise Demontage des Bayer-Hochhauses naht: Gestern wurde zwischen Wolkenkratzer und dem BayerKommunikationszentrum der Kran aufgebaut, während Konzernchef Dekkers im Saal des BayKomm die Bilanz vorstellte.

Die etagenweise Demontage des Bayer-Hochhauses naht: Gestern wurde zwischen Wolkenkratzer und dem BayerKommunikationszentrum der Kran aufgebaut, während Konzernchef Dekkers im Saal des BayKomm die Bilanz vorstellte.

Foto: RP-Foto: RM

Briten werden nicht rot. Dafür sind sie zu stoisch. Und so blieb Patrick Thomas, Chef der Bayer-Kunststoffsparte Material Science (BMS), gestern auch unbewegt, als Konzernchef Marijn Dekkers das Abschneiden von BMS im Jahr 2011 verkündete — "unter unseren Erwartungen". Der Gewinn vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen (Ebitda) ging um 13,6 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro zurück.

Erst als eine Journalistin Dekkers fragte: "Letztes Jahr haben Sie gesagt, Sie lieben Patrick Thomas. Tun Sie das immer noch?", huschte ein Lächeln auf Thomas' Gesicht. 2010 waren die BMS-Zahlen gut. Als Dekkers antwortete: "Ja, ich liebe ihn immer noch", setzt sich das Lächeln in Thomas' Gesicht fest. Für das Dauergerücht, Dekkers wolle BMS verkaufen, witterte die internationale Journalistenschar indes Nahrung in den mauen Zahlen, die im BayKomm vorgestellt wurden. Vor dessen Toren begann zeitgleich der Aufbau zum Abbau. Der Riesenkran, mit dessen Hilfe das Bayer- Hochhaus demontiert werden soll, wurde teilweise installiert.

1,65 Euro Dividende

Dekkers will weg von zu viel Administration, setzt auf Forschung. Die Zahlen seines ersten vollen Jahres als Bayer-Chef können sich sehen lassen: Der Umsatz wuchs um 4,1 Prozent auf 36,5 Milliarden Euro, das Ebitda um 7,2 Prozent auf 7,6 Milliarden, der operative Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) um 52 Prozent auf 4,1 Milliarden. Konzernergebnis: knapp 2,5 Milliarden Euro (plus 90 Prozent). Als Dividende will Dekkers der Hauptversammlung 1,65 Euro pro Aktie vorschlagen (2010: 1,50 Euro).

Hinter den Kulissen laufen sich derweil offenbar Gerüchte über einen anderen Verkauf warm. Nach RP-Informationen soll es Überlegungen geben, das Berliner Pharma-Standbein Schering ("Bayer HealthCare Pharmaceuticals") abzustoßen. Dabei hatte die Geschichte der beiden Unternehmen erst 2006 begonnen, als Bayer Schering übernahm. Frank Werth, bei der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) zuständig für Leverkusen, sagte gestern: "Das würde gegen alles sprechen, was Bayer für die Integration von Schering getan hat." Auch Reiner Hoffmann, Landesbezirksleiter der IG BCE Nordrhein und Bayer-Aufsichtsratsmitglied, dementierte: "Völliger Quatsch."

Allgemein ist es in der Pharmabranche schwieriger geworden, wie etwa die Umzugspläne von Pharma Westen nach Tschechien zeigen. Auch der Pharma-Bereich in der Bayer-Gesundheitssparte Health Care legte nur um 0,6 Prozent beim Umsatz zu. Aber: Die Pharma-Pipeline brummt. Dekkers nannte vier Arzneien mit Blockbuster-Potential (über eine Milliarde Umsatz), darunter der Gerinnungshemmer Xarelto, in dessen Entwicklung Bayer zwei Milliarden steckte. Xarelto stammt nicht aus der Schering-Schmiede, sondern aus Wuppertal.

(RP)
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