Leverkusen Reul kämpft in Brüssel für Smidt und Co.

Leverkusen · Der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament hat aufgrund des Beispiels Leverkusen eine Anfrage an die EU-Kommission zu deren Seveso-Richtlinie gestellt. Darin warnt er vor einer Blockade wirtschaftlicher Entwicklungen.

 Problematische Nachbarschaft: Die "Galeria Kaufhof", hier vom Rhein über den Chempark-Hafen hinweg aufgenommen, genießt zwar Bestandsschutz, neue Geschäftsansiedlungen sind dank der Seveso-Richtlinie jedoch nicht möglich.

Problematische Nachbarschaft: Die "Galeria Kaufhof", hier vom Rhein über den Chempark-Hafen hinweg aufgenommen, genießt zwar Bestandsschutz, neue Geschäftsansiedlungen sind dank der Seveso-Richtlinie jedoch nicht möglich.

Foto: US

Das Aus für den geplanten Neubau von "Möbel Smidt" auf dem ehemaligen Bayer-Parkplatz an der Carl-Duisberg-Straße beschäftigt die EU-Kommission. Der Leichlinger CDU-Europaabgeordnete Herbert Reul hat eine parlamentarische Anfrage verfasst, in der er vor einer Blockade wirtschaftlicher Entwicklungen warnt.

Die Konzerne Lanxess und Kronos Titan hatten das Neubauprojekt des Möbelunternehmers bei einem Runden Tisch im Juli im Leverkusener Rathaus gestoppt — und dabei argumentiert, es liege innerhalb des Radius' der so genannten Seveso-Richtlinie, die bis zu 2,2 Kilometer Abstand zu gefährlichen Produktionsbetrieben vorsieht.

In seiner Anfrage schreibt Reul jetzt: "Das bereits gekaufte 20 000-Quadratmeter-Grundstück musste an die Chemiefirma (Bayer, d.Red.) zurückgegeben werden." Es sei zwar "richtig und wichtig", dass der Abstand zwischen Störfallbetrieben und öffentlich genutzten Gebäuden reguliert werden müsse: "Allerdings kann eine Blockade anderer wirtschaftlicher Entwicklungen doch nicht gewollt sein."

Durch die Seveso-Richtlinie, die durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) noch verschärft wurde, ist "die Leverkusener Stadtentwicklungspolitik an die Kette gelegt worden", kritisiert Leverkusens SPD-Fraktionschef Peter Ippolito. Und auch Oberbürgermeister Reinhard Buchhorn (CDU) bestätigt: "Sowohl für das Ganser-Forum als auch für die City C haben sich Einzelhandelsprojekte vorerst erübrigt." Es könne in der City C im Augenblick beispielsweise nur darum gehen, Büros zu planen. "Einzelhandelsgebäude neu zu bauen kommt nicht mehr in Frage", sagt der Stadtchef — die seien publikumsintensiv und somit von der EU-Kommission und ihrer Richtlinie nicht gewünscht.

Herbert Reul, der im Europaparlament Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe ist, will von der Kommission nun wissen, ob diese einen Weg sieht, den Widerspruch zwischen Umweltschutz und Stadtentwicklung aufzulösen. Dabei stellt er die Frage: "Ist die Richtlinie ausreichend gestaltet und konkretisiert, so dass mit ihr angemessen gearbeitet werden kann?" Im Gespräch mit unserer Zeitung wurde Reul gestern noch konkreter. Er wolle die EU-Kommissare an ihren Sonntagsreden messen. "Da wird viel von der Stärkung der Industrie gesprochen." Fälle wie der von Smidt stünden jedoch im Gegensatz dazu.

Der Sprecher von EU-Umweltkommissar Janez Potocnik, Joe Hennon, sagte gestern auf Anfrage zu: "Die Kommission wird den Fall sorgfältig prüfen." Allzu großen Hoffnungen sollte man sich in Leverkusen allerdings nicht hingeben, warnt Reul. Es sei schon schwierig genug, Einfluss zu nehmen, wenn eine Umweltrichtlinie erstellt werde: "Eine bereits bestehende Richtlinie zu entschärfen, wie es hier geschehen müsste, ist erfahrungsgemäß sehr, sehr schwer", betont der Leichlinger Europapolitiker.

Oberbürgermeister Reinhard Buchhorn begrüßte Reuls Initiative gestern zwar, sieht den Ball aber eher im Spielfeld der Bundespolitiker. Die müssten nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs nun auf nationaler Ebene Farbe bekennen. "Ich habe bereits vor einem Jahr den NRW-Ministern Groschek und Duin geraten, im Bund Druck zu machen", sagte Buchhorn. Geschehen sei außer einer Arbeitsgruppe nichts. Der Stadtchef kündigte an, er selbst werde an dem Thema konsequent dranbleiben.

(RP)
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