Leverkusener Großfamilie Ein Hauptverdächtiger ist nach Razzia wieder frei

Leverkusen · Die Behörden haben einen der vier Verdächtigen, die vor drei Wochen bei einer Razzia in Leverkusen festgenommen wurden, wieder frei gelassen. Über die Gründe dafür schweigt die Staatsanwaltschaft.

Der Mann sei am vergangenen Dienstag "von der weiteren Haft verschont worden", teilte die Staatsanwaltschaft Köln am Donnerstag auf Anfrage mit. Über die Gründe darf jedoch nur spekuliert werden. Von Kooperationsbereitschaft durch Geständnisse bis hin zu gesundheitlichen Gründen sei alles denkbar, könne aus ermittlungstaktischen Gründen allerdings nicht mitgeteilt werden, hieß es.

Damit befinden sich nur noch drei der Mitte März von der Polizei Festgenommenen hinter Gittern. Ihnen wird unter anderem Hartz-IV-Betrug im großen Stil vorgeworfen zudem Kriminalität gegen Senioren und diverse andere Delikte. Vermuteter Schaden: mindestens eine Million Euro.

Die Bilder von Luxusautos am Haken eines örtlichen Abschlepp-Unternehmens haben viele Leverkusener noch in Erinnerung: etwa wie der Kranwagen einen schweren Rolls Royce an den Haken nimmt. Ein Ferrari, mehrere Mercedes S-Klasse und Porsche tauchten ebenfalls während der Razzia in den Garagen auf. Gleich sieben der Nobelkarossen im Wert von etwa 800.000 Euro wurden im Verlauf der Polizeiaktion beschlagnahmt. "Auch aus Gründen der Vermögensabschöpfung", betonte der Staatsanwalt seinerzeit - denn der Hauptverdächtige innerhalb des Familienclans soll bei der Sozialbehörde als bedürftig geführt sein und Hartz-IV-Geld erhalten haben.

Staatsanwaltschaft sichtet Datenträger

Nicht nur in der Familienvilla, auch an anderen Orten im Leverkusener Stadtgebiet hatten die Fahnder der Kriminalpolizei und des Finanzamtes Mitte März zugeschlagen - in der Hoffnung, endlich einmal nachhaltig juristische Handhabe gegen den Clan zu erhalten, der im Internet offen mit seinem Reichtum protzt.

Der zuständige Wirtschafts-Staatsanwalt bestätigte am Donnerstag, "umfangreiche Unterlagen und Datenträger sichergestellt" zu haben, von denen man sich rechtsgültige Beweise erhofft. Die Auswertungen dauerten momentan noch an, der Sozialleistungsbetrug sei aber "sicherlich einer der Schwerpunkte dieses Verfahrens". Weitere Angaben könne man aus ermittlungstaktischen Gründen nicht machen.

Für Nervosität innerhalb der Familie sorgte Beobachtern zufolge übrigens am Donnerstag die angekündigte Demonstration der "Koordination gegen Bayer-Gefahren". Sie fand aus Mangel an Teilnehmern zwar am Ende doch nicht statt - das Polizeiaufgebot in Leverkusen-Wiesdorf war jedoch groß. Anwohner schilderten, gleich mehrfach beobachtet zu haben, wie Mitglieder der Großfamilie, die gerade vorbeifuhren, beim Anblick der Polizei sichtlich zusammenzuckten.

(RP)
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