Nach Razzia in Leverkusen "Endlich Handhabe gegen diesen Clan"

Leverkusen · Nach der Razzia bei einer Leverkusener Großfamilie sprechen Experten von einem möglichen "Durchbruch" der Behörden. Entscheidend könnte das beschlagnahmte Material sein.

Am Donnerstag, dem Tag nach der Durchsuchung von 70 Objekten in Leverkusen sowie diversen anderen Städten in Deutschland und Österreich im Zusammenhang mit mutmaßlich kriminellen Machenschaften einer Leverkusener Großfamilie, hat sich die Aufregung in der Stadt noch nicht gelegt.

Es meldeten sich gleich mehrere Personen, die angaben, Opfer des weit verzweigten Familienclans geworden zu sein. Mit einer Razzia war die Polizei am Mittwoch unter anderem in Leverkusen gegen die Großfamilie vorgegangen. An vier Orten schlugen die Fahnder der Kriminalpolizei und des Finanzamtes in der Stadt zu. Es geht um Sozialbetrug im großen Stil, Kriminalität gegen Senioren und andere Delikte. Vermuteter Schaden: mindestens eine Million Euro.

Viele Clanmitglieder polizeibekannt

Soviel steht fest: Seit vielen Jahren wird gegen Teile der Großfamilie regelmäßig ermittelt, oft wegen Betruges. Nach vorsichtigen Schätzungen von Behörden sind mindestens mehrere Dutzend Clanmitglieder in Leverkusen polizeibekannt. Statistiken dazu gibt es freilich nicht. Das Geschäftsgebiet der Sippenstränge ist offenbar das gesamte Bundesgebiet, wie die gestrige Durchsuchung-Aktion untermauerte.

Roman Lehberger hat sich wie kaum ein zweiter Fernsehjournalist mit den Machenschaften der Leverkusener Großfamilie auseinandergesetzt. In seiner Spiegel-TV-Reportage im Jahr 2014 hatte er noch darum gekämpft, "deutlich zu machen, dass wir es in diesem Fall - unabhängig vom ethnischen Hintergrund - mit organisierter Kriminalität zu tun haben." Die jetzige Aktion von Staatsanwaltschaft und Polizei, der ein Jahr intensiver Ermittlungsarbeit vorausging, bestärkt ihn darin, "dass sich diese Erkenntnis inzwischen auch bei den Strafverfolgungsbehörden durchsetzt".

Ermittlungserfolg könnte Durchbruch sein

Bei den Dreharbeiten zu seiner damaligen Fernsehreportage hatte Lehberger einiges aushalten müssen. Ein Angeklagter schlug ihm vor dem Gerichtssaal auf die Kamera, ein weibliches Familienmitglied trat ihm gegen die Autotür.

Dennoch stellte er bereits damals fest: "Viele Leverkusener scheinen erfreut, dass sich der Thematik in größerem Rahmen angenommen wurde." Ähnlich zufrieden hatten sich Beobachter geäußert, die die Durchsuchungs-Aktion in verschiedenen Gebäuden des Familienclans mitbekommen hatten.

"Die eigentliche Arbeit für die Strafverfolgungsbehörden fängt jetzt erst an", sagt Lehberger, fügt aber hinzu: "Der entscheidende Unterschied zu früher ist, dass jetzt vermutlich eine Menge Material zusammengetragen werden konnte, dass endlich echte Handhabe gegen diesen kriminellen Clan liefern dürfte." Dies könne ein Durchbruch sein.

(RP)
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