Leverkusen Ratten am Bahnhof auf dem Vormarsch

Leverkusen · Immer mehr Reisende beobachten, wie sich die Nager ungeniert breit machen. Experten sind alarmiert.

An diesem Beet am Wiesdorfer Bahnhof hatte ein Passant in der Nacht viele Ratten beobachtet.

An diesem Beet am Wiesdorfer Bahnhof hatte ein Passant in der Nacht viele Ratten beobachtet.

Foto: Wollschläger

Wer am kleinen Blumenbeet vor dem Bahnhof Leverkusen-Mitte vorbeigeht, wird sie schnell entdecken: Dutzende Löcher, die offenbar von Ratten gegraben wurden. Ein Reisender hat sich nun wegen der Tiere an unsere Redaktion gewandt. "Ich bin kein zimperlicher Mensch, aber der Anblick hat mich doch ziemlich schaudern lassen", schreibt er.

Spät in der Nacht wollte der Reisende mit dem Zug von Gleis 1 abfahren. Dabei konnte er nach eigenen Angaben gut ein Dutzend Ratten auf der kleinen Grünfläche neben dem Bahnhof beobachten. Auf Handy-Videos ist zu sehen, wie die Nager munter nacheinander auf einer der grünen Mülleimer hüpfen, um sich Essensreste zu schnappen.

Nicht nur am Bahnhof klagen die Menschen über immer mehr Ratten. Auch an anderen Stellen im Stadtgebiet sind die aggressiven und intelligenten Nager auf dem Vormarsch.

Auch Löcher im Erdreich weisen auf unterirdische Rattenbauten hin. Abfall zieht die Tiere an.

Auch Löcher im Erdreich weisen auf unterirdische Rattenbauten hin. Abfall zieht die Tiere an.

Foto: Anja Wollschlaeger

Schuld daran tragen aus Sicht der Stadt Leverkusen vor allem die Fahrgäste: "Die Ursache liegt unter anderem darin, dass immer wieder Müll auf den anliegenden Grünbereichen entsorgt wird, statt in den dafür vorgesehenen Behältern", teilt die Verwaltung auf Anfrage mit.

Der Deutsche Schädlingsbekämpferverband jedoch hat bereits vor Jahren die klammen Kassen der Kommunen als einen Grund für die Ausbreitung der Ratten ausgemacht: Früher seien Rattenrudel in den Kanälen regelmäßig bekämpft worden, jetzt würden die Behörden oft nur noch aktiv, wenn Anwohner sich massiv beschweren.

Folge: Die Ratten bleiben in den Kanalsystemen vielfach unbehelligt, können sich ungestört vermehren. Rund 800 Nachkommen kann ein einziger Rattenbock innerhalb eines Jahres zeugen.

Nach Angaben der Stadt Leverkusen und der Deutschen Bahn wurden zuletzt im November Köderboxen in dem betroffenen Wiesdorfer Bereich ausgelegt. Nun will die Verwaltung zusätzliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Ratten am Bahnhof Wiesdorf prüfen.

Einfach ein paar Köder auslegen - damit ist es nach Auffassung der Experten schon lange nicht mehr getan. "Damit bringen Sie allenfalls ein paar Pioniertiere um, die als ,Vorkoster' für das Rudel unterwegs sind", sagt beispielsweise Lukas Bartels. Er ist Staatlich geprüfter Schädlingsbekämpfer und Geschäftsführer der Solinger Firma Rattex.

Sein Vater Rainer - Mitglied des IHK-Prüfungsausschusses für angehende Schädlingsbekämpfer - hat in Leverkusen schon mehrmals schwierige Situationen rund um Rattenpopulationen analysiert, wie etwa vor Jahren die Krise um das Grillen am Rheinufer in Hitdorf.

"Sie müssen den Bau aufspüren", sagt Lukas Bartels jetzt: "Nur wenn die Köder dort platziert werden, wo das gesamte Rattenrudel auch tatsächlich frisst, gibt es eine reelle Chance. "Doch das koste Zeit - und Geld. Geld, das die Städte nicht haben.

Die Undiszipliniertheit vieler Menschen verschärft die Situation, wie Bartels aus Erfahrung weiß: "Wer Essensreste durch die Toilette spült und Müll achtlos wegwirft, sollte sich einmal vor Augen führen, "dass das einer Fütterungsaktion gleichkommt" sagt der Schädlingsbekämpfer.

Einer seiner Kollegen hat in Köln sogar mal gesehen, wie ein paar Leute Ratten vor einer Pommesbude aus der Hand gefüttert haben. Das seien doch putzige Tiere hieß es.

Putzig? Da kann Bartels nur den Kopf schütteln. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts übertragen Ratten auch in Deutschland eine Reihe gefährlicher Krankheiten wie Leptospirose, die zur Gelbsucht führen kann.

(RP)
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