Leverkusen Rainer Häusler: "Ich bin vernarrt in diese Stadt"

Leverkusen · Der Finanzdezernent wird am Montag im Rat verabschiedet. Arbeiten muss Rainer Häusler (65) noch bis zum 31. August. Dann steht er vor der Wahl: a) Rollrasen schneiden oder b) die City C retten. Wenn's nach ihm geht, wählte er erstmal b).

 Für die Akten hat er noch bis 31. August Zeit: Finanzdezernent Häusler wird am Montag in den Ruhestand verabschiedet.

Für die Akten hat er noch bis 31. August Zeit: Finanzdezernent Häusler wird am Montag in den Ruhestand verabschiedet.

Foto: UM

Er ist kein Mann für alle Städte. Seine Liebe gehört einer einzigen — Leverkusen. "Ich bin vernarrt in diese Stadt", sagt Rainer Häusler schlichte sechs Worte. Sechs Worte, die die Zukunft der Wiesdorfer City bedeuten werden. Zumindest, wenn der Rat der Stadt den 65-Jährigen am Montag zum Berater der Sparkasse in Sachen City C kürt.

Es wird die letzte Ratssitzung für Rainer Häusler. Aber davon spricht er nicht. Er will lieber darüber reden, dass "wir nur noch einen Schuss frei haben bei der City C. Wir müssen die Eigentümer davon überzeugen, wie es weitergehen kann. Nicht mit Einzelhandel, sondern mit Dienstleistung", sagt Häusler. Nachsatz: "Ja, es kann gut sein, dass die City C meine schwerste Aufgabe werden wird." Warum er sich das noch antue, wo er doch ab 1. September Pensionär wäre, sich um Gewächshaus, Fischteich und den just erst ausgerollten Rollrasen daheim kümmern könnte, sei er schon öfter gefragt worden. Antwort: Siehe oben. "Es sei denn, ich werde nicht gewählt. Dann habe ich meiner Frau versprochen, dass ich mich ab 1. September um jeden Halm dieses Rasens kümmern werde."

Häusler grinst spitzbübisch. Wie ein Mann, der sich seit Jahren um klischeehaft trockene städtische Zahlen kümmert, sieht er nicht aus. Gut, Häusler trägt Anzug ("Ich bin kein Ästhet, habe kein richtiges Stilbewusstsein, aber ein Anzug in meiner Position muss sein... Vor zwei Jahren habe ich mir den letzten Anzug für den Dienst gekauft... Die Anzüge, die ich bald nicht mehr brauche, gebe ich in die Kleiderkammer... Wie viele das sind? Schwer zu sagen."). Gut, es gibt noch Aktenstapel auf dem Schreibtisch in seinem Büro an der Miselohestraße. Gut, an der Wand hängen vier trockene Regeln zum Sparen in Zeiten eines geduldeten städtischen Etats. Aber sonst? Häuslers blaue Augen sprühen vor Leidenschaft für seine Arbeit, für Projekte, für seine Heimatstadt. "Ich kann mich schnell begeistern, habe Spaß daran, etwas zu bewegen. Und ich finde, es gibt zu viel Bürokratie, all diese Windmühlen im eigenen Laden. Man muss pragmatisch an Dinge herangehen. Ich war noch nie ein knochentrockener Verwaltungsmensch."

Dabei wollte er nie etwas anderes werden als Verwaltungsmensch. Seine Familie war im öffentlichen Dienst beschäftigt. Als Kind habe er oft Post gespielt oder Büro. Rainer Häusler, gebürtiger Bergisch Neukirchener, begann mit 15 seine Ausbildung für den gehobenen Dienst, schloss nach fünf Jahren als Diplom-Verwaltungswirt ab ("mit Titeln habe ich nichts zu tun"). Danach schrieb er eine Bewerbung. An die Stadt Leverkusen. Die nahm ihm umgehend. "Es ist Glück, das man haben muss."

Seit 1969 hat Häusler in verschiedenen Positionen gearbeitet — vom Belege-imTresorraum-sortieren über interne Unternehmensberatung bis zum Aktenwälzen am Dezernentenschreibtisch. "Leverkusen wurde 1963 zur Großstadt, seitdem ging in den 60er Jahren die Post ab, so so viel Wachstum gab es."

Er habe gewusst, dass Anfeindungen und harte Kritik auf ihn zukommen können, als er 1996 Finanzdezernent wurde. "Damit kann ich umgehen. Ich kann zu Hause gut abschalten." Da öffne er nur einmal in der Woche seine Post, gehe nicht ans Telefon, kümmere sich um seine Frau, die Familie, die Freunde, um den Garten und seine Leidenschaft Radfahren. Noch besser abschalten kann er in Dänemark.

Vielleicht sieht Häusler — Frühaufsteher seit der Schulzeit ("5.15 Uhr klingelt der Wecker") — als Pensionär mehr von den dänischen Dünen. Vielleicht schneidet er mit der Nagelschere den Rollrasen. Vielleicht. "Ich habe keine Angst vor dem Ruhestand", sagt er. Vielleicht kommt alles anders. Am Montag Abend. Dann muss Häusler ab September ran an die womöglich schwerste Aufgabe seines Arbeitslebens. Die City C. Angst davor hat er nicht: "Für meine Stadt bin ich Überzeugungstäter." Der Rollrasen kann warten.

(RP)
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