Prozess um Messerangriff in der Leverkusener Waldsiedlung Gutachter halten den Angeklagten für zurechnungsfähig

Leverkusen · 26 Mal soll der mittlerweile 20-Jährige bei der Messerattacke in der Waldsiedung auf das Opfer eingestochen haben. Mittwoch könnte das Urteil fallen.

 In der Waldsiedlung in Schlebusch ereignete sich die Tat, für die sich derzeit ein 20-Jähriger vor dem Landgericht Köln verantworten muss.

In der Waldsiedlung in Schlebusch ereignete sich die Tat, für die sich derzeit ein 20-Jähriger vor dem Landgericht Köln verantworten muss.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Am Montag, so sieht es die Planung vor, kommen Staatsanwalt, Nebenklage-Vertreter und Verteidigung zu ihren Plädoyers. Am Mittwoch will dann die 4. Große Strafkammer des Kölner Landgericht ihr Urteil verkünden: Ein mittlerweile 20-jähriger ehemaliger Schüler des Freiherr-vom-Stein-Gymnasium ist angeklagt, die Mutter einer Mitschülerin mit 26 Messerstichen verletzt zu haben.

Wie lebensbedrohlich die Attacken am späten Abend des 20.April in der Waldsiedlung waren, machte noch einmal die Rechtsmedizinerin deutlich. Insgesamt stellte sie sogar 36 „scharfe“ Verletzungen bei der Frau fest, die von einem Messer stammen; die schwersten Stiche gingen gegen den Hals und die Brust. Allein in den Rücken stach der Angreifer zehn Mal. Eine Verletzung in der Schulter, die bis auf den Knochen ging, zeigt, mit welch großer Kraft zugestochen wurde.

Das Opfer hat überlebt, weil bei der Rettungsaktion alles optimal lief und die Fachärzte des Leverkusener Klinikums in dieser Nacht alle im Dienst waren – „eine glückliche Fügung“, wie ein behandelnder Arzt bereits als Zeuge geschildert hatte.

Nach den Ausführungen der Rechtsmedizinerin stellte die Verteidigerin des Angeklagten gleich einen Antrag, man möge die Frage nach dem Schmerzensgeld in diesem Prozess ausklammern. Und warf dabei eine Summe von 25.000 bis 50.000 Euro in den Raum.

Für den Angeklagten und die zu erwartende Strafe ungleich  wichtiger war jedoch, was die psychologischen Gutachter ausführten. Kann eine Unzurechnungsfähig attestiert werden? Besteht Wiederholungsgefahr? Gleich zwei Gutachter hatten sich mit diesen kniffligen Fragen zu beschäftigten und krempelten das Leben des Angeklagten bei mehreren mehrstündigen Untersuchungen förmlich um. Ihre Einschätzung: Die Vorbereitung und der Ablauf der Tat sprechen für ein geplantes Vorgehen. Im bisherigen Leben spielten gefährliche Stichwaffen häufiger eine Rolle.

Der als versuchter Mord von der Staatsanwaltschaft zur Anklage gebrachte Angriff lasse eine Wiederholung einer ähnlichen Tat nicht ausschließen, war die Einordnung der forensischen Psychologin. Auf die Frage des Gerichts „Könnte so etwas wieder passieren?“ antwortete die Gutachterin mit „Ja“. Der zweite Gutachter bescheinigte eine „narzisstische Persönlichkeitsstörung“. Der Angeklagte beziehe sein ganzes Denken nur auf sich. Das was andere sagen, interessiere ihn nicht. „Sein Maßstab ist er selbst.“

Als daher eine Mitschülerin seine Avancen nicht erwiderte, habe er sich in seine Erregung  so hineingesteigert, dass er nur noch einen Ausweg sah: Er wollte das Mädchen entführen, sie und sich selbst umbringen. Dabei stand die Mutter im Weg.

Die Wochen in der Untersuchungshaft scheinen dem Angeklagten dabei gut zu tun, meinte der Psychologe: „In der geschlossenen Umgebung hat viel über sich nachdenken können. Er profitiert davon.“

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