Analyse Politik konsequent: Tempo 30 für die ganze Stadt

Leverkusen · Die Kommunalwahl im Mai nächsten Jahres eignet sich bestens, eine umwälzende Neuerung in Leverkusen einzuführen: Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit auf den innerstädtischen Straßen. Alles, was darüber liegt, müssten Stadträte und Bezirksvertreter dann in Extrabeschlüssen erlauben.

 Tempo 30 auf der Alkenrather Straße: Das Limit gilt nur in Höhe Grundschule, zudem nur tagsüber von Montag bis Freitag.

Tempo 30 auf der Alkenrather Straße: Das Limit gilt nur in Höhe Grundschule, zudem nur tagsüber von Montag bis Freitag.

Foto: Matzerath, Ralph

Das schafft neue Lebensqualität, senkt die Unfallzahlen und wahrscheinlich auch den Schadstoffausstoß der Autos. Leverkusen kann damit zum Vorreiter in der Bundesrepublik werden. Die paar Gesetzesänderungen, die dafür nötig sind, sollten keine Hürde sein. Eine Spinnerei? Nein, nur die logische Weiterentwicklung der jüngsten, politischen Beschlüsse und der Bürgeranträge zu neuen Tempo-30-Strecken in unserem Stadtgebiet.

Eine Analyse zu Leverkusen

Dass Anwohner vor ihrer Tür und in ihrem Viertel Ruhe, aber wenigstens langsamen Autoverkehr haben wollen, ist verständlich. Wenngleich man sich wundern muss, wieviele Menschen heute noch direkt neben Bahnlinien oder stark befahrenen Straßen Häuser bauen beziehungsweise Wohnungen mieten, um sich dann später vehement über Lärm und Schadstoffe zu beklagen.

Die Leverkusener Politiker beschließen immer wieder Tempo-30-Strecken nach einer wenig nachvollziehbaren Inkonsequenz. Beispiel: Der Antrag, auf der Kölner Straße 30 km/h einzuführen, wurde vor allem aus finanziellen Gründen abgelehnt. Die Wupsi hatte gewarnt, dass sie mehr Busse einsetzen müsse, um das Angebot halten zu können. Das kostet. Auf der nahen Düsseldorfer Straße aber geht Tempo 30 — trotz Buslinienverkehr.

Dabei wäre 30 km/h auf der Kölner Straße ein deutlicher Sicherheitsgewinn und trüge zur Lärmreduzierung bei. (Ganz nebenbei: Die Wupsi und andere Busunternehmen wie Hüttebräucker und Wiedenhoff sollten ihren Fahrern beibringen und erlauben, nicht mit brüllenden Motoren, die auf Vollgas gejagt werden, anzufahren. Anlieger werden es danken.)

Beispiel Heinrich-Lübke-Straße: Hier lief es anders. Erst wurde nur eine Hälfte zur Tempo 30-Strecke, dann dieses Jahr die andere. Die gut ausgebaute Dhünnstraße in Wiesdorf, zwischen Bayer-Erholungshaus und Rheinallee, ist seit Jahren Langsamfahrzone. Dagegen lehnte die Bezirksvertretung III gerade Tempo 30 für die viel engere Saarstraße in der Waldsiedlung ab, weil die Gesetze dies — angeblich — nicht hergeben. In Hitdorf gilt auf der Langenfelder Straße und auf der Hitdorfer Straße zumindest stellenweise 30 km/h. Wird das Verkehrskonzept Hitdorf umgesetzt, werden wahrscheinlich beide Straßen komplette Langsamfahrstrecken.

Für alle Entscheidungen gibt es gute Gründe und rechtliche Voraussetzungen. Dennoch sollten Politik und Stadt ein Tempo-Grundsatzkonzept erarbeiten. Eines, das der Autofahrer nachvollziehen kann. Eines, das Tempo 30 nicht zum beliebigen Spielball macht. Denn: Auf dem autobahnähnlichen Willy-Brandt-Ring wurde zum Anwohnerschutz teils das "Flüstertempo" 50 km/h angeordnet, vorher waren 70 km/h erlaubt. Auch für diese (Schnell-)Straße sind Stadt und Politik nicht konsequent: Ab Carl-Carstens-Ring, in Richtung Autobahn, gilt noch Tempo 70, obwohl es dort an Wohnbebauung langgeht.

Und warum darf auf der Gustav-Heinemann-Straße weiter 70 km/h (Ortskundige fahren teils deutlich schneller) gebrettert werden, obwohl in der Nähe ebenfalls Wohnhäuser liegen? Und warum ist Tempo 30 für Hitdorf richtig und gefordert, aber auf der Küppersteger Straße, der Alkenrather Straße, der Steinbücheler Straße und der Quettinger Straße geht es nur auf Teilstrecken langsamer? Die Frageliste ließe sich mühelos fortsetzen.

Schon vor 21 Jahren forderten die Grünen für Quettinger und Alkenrather Straße Tempo 30, zumindest für einen Versuchszeitraum von zwei Jahren. Die CDU verlangte eine Umgehungsstraßenlösung (siehe Faktenkasten). Es blieb bei den politischen Ansagen. Geändert wurde fast nichts, nur der Starßenverkehr hat weiter zugenommen.

Insgesamt leistet sich Leverkusen eine großartige Flickenteppich-Tempopolitik. Das ist vielleicht gut für immer eilige Kraftfahrer, aber auf jeden Fall schlecht für das Ruhe und Sicherheit.

(RP)
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