Leverkusen Polit-Parade im Märchenland

Leverkusen · Das Motto des ersten der fünf Karnevalsumzüge in der Stadt eignete sich als gute Verpackung auch für Kritisches – Fußballtrainer, Lokalpolitik und Landesregierung bekamen ihr Fett weg, die 22 000 Jecken hingegen reichlich Süßes.

 Jungfrau Klaudia war zart heiser, Prinz Dirk gespannt auf den Zug, und Bauer André übte später auf dem Wagen mit der Mistgabel Luftgitarrespielen: Das Dreigestirn war jot drauf. Auch bei der "Wagenabnahme" der Rheinischen Post.

Jungfrau Klaudia war zart heiser, Prinz Dirk gespannt auf den Zug, und Bauer André übte später auf dem Wagen mit der Mistgabel Luftgitarrespielen: Das Dreigestirn war jot drauf. Auch bei der "Wagenabnahme" der Rheinischen Post.

Foto: UM

Das Motto des ersten der fünf Karnevalsumzüge in der Stadt eignete sich als gute Verpackung auch für Kritisches — Fußballtrainer, Lokalpolitik und Landesregierung bekamen ihr Fett weg, die 22 000 Jecken hingegen reichlich Süßes.

Wie lang die Zunge von Werkselftrainer Robin Dutt wohl ist? Zu kurz, sagen die Mitglieder des Werkselffanclubs Rot-Schwarze-Bayer-Löwen. Zu kurz, um sich damit die Meisterschale zu schnappen. Prompt machten sie Dutt auf ihrem Mottowagen zum Froschkönig. Der reißt zwar das Maul auf, aber an die goldene Meisterschaftstrophäe mit der Zunge trotzdem nicht ranlangt, zum deutlichen Missfallen einer zornesfaltenstirnigen Prinzessin. Damit haben die Fans zwei Fliegen mit einem Wagen geschlagen: Zochmotto "Hitdorf märchenhaft jeck" erfüllt — und der säuerlichen Stimmung unter den Bayer-04-Fans Luft gemacht.

Apropos schlechte Luft: Die Lohrer Lück widmeten sich dem von der rot-grünen Landesregierung angestrebten Rauchverbot in Kneipen. Sie hatten ein feines Knusper-Hexenhäuschen auf Räder gesetzt. Scharfe Aufschrift: "Rut-jrönes Hexenhuus, alle Raucher müssen ruß".

Die Wiesel(s) gehen als Tiger

Apropos draußen: Es war voll am Wegesrand. 22 000 Kamellejäger aller Arten — so viele Zochgucker hat die Polizei gezählt — waren weniger an politischen Randbemerkungen interessiert als an Wurfware jeglicher süßer Couleur. Die regneten unter anderem vom RP-Bus, der traditionell in Hitdorf im Zug mitfährt — unter anderem mit Gästen aus dem Ausland (Leichlingen).

Was neben Kamelle auch spannend ist: das andere K, die Kostüme. Während im Zug gestiefelte Kater sich mit Froschkönigen, Schlümpfen und niedlichen Zwergen (von den Hitdorfer Grundschulen) abwechselten, gingen die Wiesels als Tiger. Papa Robert (38) sogar als "Cowboy-Tiger", wie Maike (8) den Hut auf Papas Tigerfell erläuterte. Derweil war Timo (6) ziemlich sicher, dass man "Kamelle" rufen muss um auch welche zu kriegen. "Und wenn man Blumen haben will, muss man Strüßcher rufen", merkte Maike überzeugt an.

Zum Fangen hatten die Hitdorfer Teufel ein paar Häuser weiter keine Hände frei — in denen hielten eigene Leckereien. Weil der Freundeskreis, der seit 19 Jahren bei jedem Zoch in Hitdorf dabei ist, Jubiläum feierte, "wollten wir uns einmal den Zug von unten angucken", berichtete Andrea Schardt. Ob die 38 Wagen und Gruppen nach dem Gusto der Teufel waren? Das hat die zwanzigköpfige Truppe wohl nach dem Zoch im Schardt'schen Keller besprochen — denn da zelebrierte die Teufelsbande am Abend das Jubiläum "bei einem leckeren Buffet".

Vielleicht haben sie sich da auch über das Hitdorfer Lokalpolitikum Nr. 1 unterhalten, das unter anderem die Fußtruppe Lothars Paradiesvögel in ihrem Mottowägelchen verarbeitet hatten. Die Paradiesvögel waren als Rumpelstilzchen unterwegs, zogen im Handkarren eine Tanne mit weißer Eule in der Spitze hinter sich her. Dekoriert war der Baum mit einem märchenhaft-markanten Satz: "Ach wie gut, dass niemand weiß, das Hitdorfer Verkehrskonzept liegt auf Eis." Natürlich sei das eine politische Aussage, betonten Paradiesvögel Gabi, Uschi und Urania: "Die lokalen Politiker kommen ja in der Sache nicht vom Fleck."

(RP)
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