Leverkusen NRW macht Druck beim Biomüll: Darf es auch eine Tonne mehr sein?

Leverkusen · Mit der freiwilligen Einführung der Biotonne in Leverkusen kommt die Stadt offenbar rechtlichen Schritten des Landes Nordrhein-Westfalen zuvor. Laut RP-Informationen hatte NRW bisher keine Möglichkeiten, die Zielvorgaben beim Einsammelwert von Biomüll in den Kommunen auch juristisch durchzusetzen. Dies soll sich in Kürze jedoch ändern.

 In Leichlingen gehören sie bereits seit Jahren zum Stadtbild - die braunen Biotonnen neben der grauen Restmüll- und der blauen Papiertonne.

In Leichlingen gehören sie bereits seit Jahren zum Stadtbild - die braunen Biotonnen neben der grauen Restmüll- und der blauen Papiertonne.

Foto: Uwe mISERE

Leverkusen hatte die Frist zur Einführung der Biotonne 2015 verstreichen lassen, da die Stadt schon einen Sammelwert von 87 Kilo Biomüll pro Einwohner erreicht hat. Vorgeschrieben sind aber 90 Kilo. Angesichts der absehbar werdenden juristischen Konsequenzen soll nun ein Modell vorgestellt werden, das auf Freiwilligkeit beruht (wir berichteten).

Die Bürger sollen schon bald gefragt werden, ob sie eine solche Tonne wünschen. Ab 1. Januar nächsten Jahres bekommen alle, die mit Ja geantwortet haben, sie dann auch vor die Tür gestellt.

Auch wenn die Stadt zurzeit noch an den Details arbeitet, lässt sich nach Auskunft von Leverkusens Sozialdezernent Markus Märtens einiges doch schon sagen:

- Wer eine Biotonne beantragt, soll künftig gebührenmäßig nicht schlechter gestellt werden, als der ohne Biotonne. Allerdings besteht die Möglichkeit, bei einer Entscheidung für die Biotonne, das Restmüllvolumen zu minimieren und so zu sparen.

- Private Klein-Kompostieranlagen bleiben erlaubt. Auch der Eigenkompostierungsabschlag wird weiter gewährt, sofern keine Biotonne bereitgestellt wird.

- Die Stadt wird entgegen anders lautender Gerüchte wohl nicht gezwungen sein, eine zusätzliche Annahmestelle für bestimmte Müll-Bestandteile einzurichten.

Wie hoch die zusätzlichen Kosten pro Haushalt sein werden, steht noch nicht fest. Im Gespräch sind jedoch Beträge zwischen 15 und 30 Euro. Die Biotonne soll im Sommer wöchentlich geleert werden, im Winter zweiwöchentlich.

Am vergangenen Dienstag informierte die Stadtverwaltung Leverkusener Kommunalpolitiker über die Pläne. Mehrere Teilnehmer dieser Runde waren sich gestern im Gespräch mit unserer Zeitung darin einig, dass der Zwang, trotz großer Erfolge die Tonne einführen zu müssen, angesichts der zu erwartenden Kosten ärgerlich sei - das von der Stadt und dem Müll-Entsorger Avea vorgeschlagene Modell stelle jedoch das geringste Übel dar.

Auch Oberbürgermeister Reinhard Buchhorn fand gestern deutliche Worte: "Alle sind sich einig, dass die Stadt Leverkusen in Sachen Müllvermeidung und Umweltschutz vorbildlich arbeitet", erklärte der Stadtchef auf Anfrage. Wegen eines nicht erreichten Wertes von drei Kilo, der sich noch nicht einmal auf die Gegenwart, sondern auf ein zukünftiges Datum 2020 beziehe, nun gezwungen zu werden, die teurere Biotonne flächendeckend einzuführen, empfindet Buchhorn als "geradezu grotesk".

Auch beim Entsorger Avea gab es gestern nur Lob für die Leverkusener Bemühungen zur Müllvermeidung. Das künftige Konzept habe man aber gemeinsam erarbeitet und halte es für den Bürger für durchaus akzeptabel, erklärte ein Sprecher des Unternehmens.

Die Stadt nimmt die Neuregelung zum Anlass, auch einen neuen Gebührentarif einführen, da die bisherige Berechnung nach "Personen" offenbar ebenfalls nicht rechtskonform ist. Im Gespräch ist eine Grundgebühr pro Haushalt, die um eine Gefäß- und/oder Volumengebühr ergänzt werden soll. Der Grundsatzbeschluss zur Biotonne soll in den nächsten Wochen fallen, die letzte Entscheidung ist für Dezember vorgesehen, hieß es gestern.

Kritiker der Biotonnen-Regelung verweisen unter anderem darauf, dass es in einigen Bereichen im Stadtgebiet durchaus problematisch werden könnte, die zusätzliche Tonne vernünftig unterzubringen. Sie befürchten unter anderem Geruchs-Belästigungen im Sommer.

In vielen Städten und Gemeinden hat es in der Vergangenheit sogar Petitionen gegeben, mit denen die Einführung verhindert werden sollte. Die Argumentation ist fast überall gleich: Die Biotonne stinkt, beansprucht Platz und bringt ökologisch nicht den geringsten Vorteil.

(RP)
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