Leverkusen Nachbarschaftsstreit bringt 80-Jährigen vor Gericht

Leverkusen · Besten Willen bewiesen gestern Richter und Staatsanwaltschaft vor dem Amtsgericht in Opladen. Angeklagt war ein 80-Jähriger wegen Nachstellung und Beleidigung seiner Nachbarn. Der Senior zeigte sich nur wenig einsichtig, äußerte sogar, dass eigentlich er der Belästigte sei.

Am Ende aber entging er mit einer vorgetragenen Entschuldigung und der Absichtserklärung, sein Verhalten gegenüber den Nachbarn zu bessern, einer Verurteilung.

Über eine Stunde beschäftigte sich am Mittag der zuständige Richter mit dem Fall: Nachbarschaftsstreitigkeiten, die laut Aussagen des Verteidigers auch eigentlich vor einem Schiedsgericht hätten geklärt werden können. "Bei Nachstellung und Beleidigung aber handelt es sich um Straftaten", erwiderte der Richter. Die Staatsanwaltschaft warf dem Rentner vor, von Oktober 2015 bis August 2017 seinen Nachbarinnen neun Mal in den Keller und fünf Mal in die Tiefgarage gefolgt zu sein, ihnen nachgestellt zu haben und regelmäßig seine Nachbarn im Hausflur zu beleidigen. "Es ist eine Frechheit, das so etwas vor Gericht gelangt", beklagte sich der Angeklagte, der hinzufügte: "Eigentlich wurde alles umgedreht." Seit dem Einzug des Seniors 2015 hänge der Haussegen im Mehrfamilienhaus schief, bemerkte der Richter. Das gaben auch die drei Zeugen, ein 76-jähriges Ehepaar und eine 54-jährige Bewohnerin - allesamt Wohnungseigentümer - zu Protokoll. Besonders die 76-jährige Frau leide stark unter dem Angeklagten: "Ich bin nervlich fix und fertig, nehme sogar Antidepressiva", äußerte sie zitternd gegenüber dem Gericht. Wegen der ständigen Anfeindungen musste sie sogar schon ins Krankenhaus. "Mein Blutdruck war auf 230, und ich erlitt Gedächtnisstörungen." Auch ihr Ehemann soll mehrfach von dem Angeklagten beleidigt worden sein. Schön sei so ein Verhältnis zwischen Nachbarn zwar nicht, gab dieser zu, "aber die meisten Sorgen mache ich mir um meine Frau. Sie leidet sehr unter dieser Situation." Eine weitere Nachbarin untermauerte mit ihrer Aussage das asoziale Verhalten des Mieters, bemerkte aber auch: "Seit das Schreiben vom Gericht vor vier Wochen ankam, lebt es sich herrlich." Der Angeklagte habe seit dem Schreiben seine Nachbarn gemieden, sei viel mit dem Fahrrad unterwegs gewesen.

"Wenn Sie sich bei ihren Nachbarn entschuldigen und das Verhalten der letzten Wochen beibehalten, stellen wir das Verfahren ein", schlug der Richter vor. Zähneknirschend beugte sich der Angeklagte.

(seg)
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