Leverkusen Nach 103 Jahren - MGV Quettingen löst sich auf

Leverkusen · Das letzte Lied ist schon lange gesungen. Das Vermögen ist aufgebraucht. Alles was bleibt, ist die Erinnerung an bessere Zeiten und die Nummer 3070 im Stadtarchiv, unter der alte Fotos und Dokumente eingelagert sind. Fahnen und Noten bleiben bei der Stadtgeschichtlichen Vereinigung Leverkusen. Darauf haben sich Reinhold Braun und Gabriele John mit Roland Blume und Hans Müller, dem Vorsitzenden und seinem Stellvertreter sowie Ex-Schriftführer Siegfried Russer vom Männergesangverein Quettingen verständigt.

 Dieses Foto aus dem Schatz des MGV Quettingen zeigt eine Fahnenweihe aus dem Jahr 1926. Es wandert, wie so viele andere Stücke, jetztins Stadtarchiv..

Dieses Foto aus dem Schatz des MGV Quettingen zeigt eine Fahnenweihe aus dem Jahr 1926. Es wandert, wie so viele andere Stücke, jetztins Stadtarchiv..

Foto: MGV

Seinen letzten kurzen Auftritt hatte der Chor zum 100-jährigen Vereinsbestehen. Ehe der Sängerkreis Rhein-Wupper/Leverkusen im Bayer-Casino verdiente Sänger ehrte, durften 14 Akteure die "Festliche Stunde" musikalisch eröffnen. Danach folgten nur noch kleinere Auftritte, wie etwa beim Nikolausmarkt. Weil der einst so stolze und in Hochzeiten rund 90 Sänger zählende Chor zuletzt nur noch mit acht Teilnehmern auf der Bühne stand, beschlossen alle Beteiligten, dass nun die Zeit fürs endgültige Aus gekommen sei.

 Die Gründerväter sind lange verstorben. Doch ihren Nachfahren haben sie einiges hinterlassen. Einige Devotionalien wurden gestern präsentiert.

Die Gründerväter sind lange verstorben. Doch ihren Nachfahren haben sie einiges hinterlassen. Einige Devotionalien wurden gestern präsentiert.

Foto: Uwe Miserius

Leicht fiel ihnen die Entscheidung nicht. "Es gab keinen anderen Weg", betonte Blume, "obwohl wir alles versucht haben." Seit 2005 war die Fluktuation nicht mehr zu übersehen. Selbst die Öffnung für Frauen konnte nicht den Auflösungsprozess stoppen, in den der Verein "mit sehenden Augen hineingeraten war und nichts dagegen tun konnte", analysierte Blume. Obwohl Chorleiter Peter Türschmann darauf bestand, ausschließlich deutsches Liedgut zu singen, habe er dennoch alles getan, damit der Chor gelegentlich öffentlich auftreten konnte. Das sei ihm hoch anzurechnen, sagte Russer. Auch wenn es für die einzelnen Beteiligten sehr anstrengend gewesen sei.

"Chöre müssen mit der Zeit gehen", riet Blume, der mit 58 Jahren bei weitem der jüngste Sänger war, und ergänzte: "Es ist zwar schade für die Tradition. Aber junge Leute wollen moderne Lieder singen."

Es war am 7. Februar 1914, als 24 Herren in der damaligen Gaststätte Gronenborn (später Breidohr) beschlossen, einen Männerchor ins Leben zu rufen, um der "schönsten Nebensache der Welt, dem Gesang", zu frönen. Inzwischen sind die Gründerväter lange verstorben. Doch ihren Nachfahren haben sie einen großen Schatz hinterlassen: Das Singen in der Gemeinschaft.

Das ist der Grund, warum der Abschied so schwer fällt. Blume: "Das Singen ist die eine Sache, die Gemeinschaft die andere." Um Kontakt zu halten, haben sie sich privat getroffen. Und wollen das beibehalten. Aber irgendwie bleibt dienstags dennoch eine Lücke, wenn zwischen 18 und 20 Uhr geprobt wurde.

(RP)
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