Leverkusen Mitarbeiterin kritisiert Arbeitsagentur

Leverkusen · Die suspendierte Jobcenter-Mitarbeiterin Inge Hannemann aus Hamburg referierte im Arbeitslosenzentrum.

 Aktivistin Inge Hannemann mit Nikolaus Roth, der in das Thema des Vortragsabends einführte. Hannemann hatte den Umgang mit Beziehern von Arbeitslosengeld II öffentlich kritisiert und war vom Dienst suspendiert worden.

Aktivistin Inge Hannemann mit Nikolaus Roth, der in das Thema des Vortragsabends einführte. Hannemann hatte den Umgang mit Beziehern von Arbeitslosengeld II öffentlich kritisiert und war vom Dienst suspendiert worden.

Foto: uwe MIserius

Als Inge Hannemann vor etwa 25 Besuchern des Leverkusener Arbeitslosenzentrums in der Schulstraße sprach, vermittelte sie einen fröhlichen Eindruck. Dabei erlangte die Frau aus Hamburg im letzten Jahr als so genannte "Whistleblowerin" des öffentlichen Dienstes traurige Berühmtheit.

Die "Rebellin" hatte den Umgang mit Beziehern von Arbeitslosengeld II öffentlich kritisiert. Danach wurde sie vom Dienst suspendiert und erhielt Hausverbot. Seither tourt sie — kein bisschen traurig — durch Deutschland, hält Vorträge — ohne Honorar, nur gegen Fahrtkostenerstattungen — und prangert an. "Gewollte Armut?" lautete der Titel ihres Berichtes, bei dem sie am Donnerstag im Arbeitslosenzentrum schilderte, wie Leistungsempfänger gegängelt würden.

Sie sehe sich keineswegs als "Rebellin", sondern als "Aktivistin", betonte Hannemann. Bis heute sei sie der Meinung, die Agenda 2010, die eigentlich das Sozialsystem und den Arbeitsmarkt reformieren sollte, sei eine Mogelpackung. Sie sei erfunden worden, um den Niedriglohnsektor einzuführen. Insgesamt acht Millionen Menschen arbeiteten unter 9,50 Euro pro Stunde. Zeitarbeit gehöre komplett abgeschafft.

Das gleiche gelte für Ein-Euro-Jobs. Die würden reguläre Arbeitsplätze verdrängen und den Bedürfnissen von Erwerbslosen nicht gerecht. "Es ist Ausbeutung", untermauerte sie ihre These. Nicht zuletzt aus diesem Grund wandte sie sich an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages, er möge die "Abschaffung der Sanktionen und Leistungseinschränkungen beim Arbeitslosengeld II" beschließen. Die Streichung von Leistungen verletze das "Recht auf die Absicherung des zwingend gesetzlich festgelegten soziokulturellen Existenzminimums".

Betroffen davon seien alle — auch die, die noch im Arbeitsverhältnis ständen, da sie schon morgen erwerbslos sein könnten. Wegen ihrer öffentlichen Meinungsäußerung habe sie nie ein schlechtes Gewissen gehabt, stehe aber seither unter "Vollkontrolle". Wie ihr ergehe es sämtlichen Kollegen, ohne dass sie davon Kenntnis hätten.

Es sei ein Skandal, dass die Zentrale der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg über alles genau informiert sei, was in deutschen Jobcentern geschehe, monierte Hannemann. "Das ist ja wie bei der Stasi", entfuhr es da einem Zuhörer.

Übrigens: Am Freitag, 28. Februar, verhandelt die Kammer am Arbeitsgericht Hamburg. Inge Hannemann hat auf Wiedereinstellung geklagt. Bislang vergeblich.

(gkf)
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