Leverkusen Messerattacke: 5 Jahre Haft gefordert

Leverkusen · War es versuchter Totschlag, gefährliche Körperverletzung oder "nur'" Notwehr? Nach vier Verhandlungstagen schloss die 11. Große Strafkammer des Kölner Landgerichts gestern die Verhandlung gegen einen 30-Jährigen mit den Schlussplädoyers der Staatsanwaltschaft, des Verteidigers des Nebenklägers und der Verteidigerin des Angeklagten.

 Am Tatort am Berliner Platz waren kurz nach der Tat die Scherben der Bierflasche, ebenfalls ein Tatwerkzeug, noch zu sehen.

Am Tatort am Berliner Platz waren kurz nach der Tat die Scherben der Bierflasche, ebenfalls ein Tatwerkzeug, noch zu sehen.

Foto: Uwe Miserius (Archiv)

Der hatte im August vergangenen Jahres nach einem Besuch der Opladener Bierbörse in der Nähe des Berliner Platzes einen 24-Jährigen mit sechs Messerstichen lebensgefährlich verletzt. Der Staatsanwalt hält eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren für angemessen.

Am vierten Verhandlungstag kamen die Gutachter zur Wort, wobei der Rechtsmediziner erklärte, dass das Opfer nur dank der schnellen Hilfe des Rettungsdienstes und einer Notoperation im Klinikum überlebt habe. Der Sachverständige bestätigte auch, dass das Opfer nicht nur stark alkoholisiert war, sondern auch unter Drogen (Kokain) gestanden habe. Der 30-jährige Angeklagte, der später angab, stark unter Alkohol- und Drogeneinfluss gestanden zu haben, nahm den Vorgang, wonach das Opfer der 24-jährigen Freundin des Angeklagten anerkennend nachgepfiffen habe, zum Anlass für die Messerstiche. Das könnte womöglich als strafmildernd gewertet werden.

Alles andere spricht eher gegen ihn: Er war erst vier Monate vor dem Vorfall vom Leverkusener Amtsgericht wegen einer Schlägerei in der Opladener Bahnhofstraße zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr verurteilt worden. Der 30-jährige Syrer verfügt trotz zwölfjährigen Aufenthalts in Deutschland über offensichtlich noch dürftige Deutschkenntnisse, hat keinen Schulabschluss, ist arbeitslos, kann nicht lesen und schreiben. Er lebt von 389 Euro im Monat, die ihm die Arbeitsagentur überweist. Die am Rande aufgeworfene Frage, womit er Drogenkonsum, Zigaretten, Alkohol - und nicht zuletzt die unmittelbar nach der Tat unternommene Fahrt mit dem Taxi nach Düsseldorf und die dortige Hotelübernachtung bezahlen konnte, war nicht Bestandteil des Verfahrens.

Auch das Opfer ist kein unbeschriebenen Blatt. Zur Tatzeit war der 24-Jährige auf Bewährung unterwegs, was den Verteidiger, der ihn als Nebenkläger vertrat, zu der Bemerkung veranlasste, dass er auch einmal die Quittung für das bekommen habe, was er anderen angetan hatte.

Ganz anders bewertete pflichtgemäß die Verteidigerin das Geschehen: Ihr Mandant habe sich lediglich gewehrt, nachdem er von dem Opfer und dessen Freund angegriffen wurde. Auf dem Boden liegend, habe er sein Messer greifen und sich damit den Angreifern entledigen können. Wer bei den Handgreiflichkeiten mehr abbekommen habe, sei eher Zufall gewesen.

Das Urteil wird die Strafkammer am 4. Juni verkünden. Wobei auch einige Zeugen für ihre offensichtlichen Falschaussagen vor Gericht mit Konsequenzen rechnen müssen. Ein eingeleitetes Verfahren bestätigte jedenfalls der Staatsanwalt nach dem gestrigen Termin.

(sg-)
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