Leverkusen Mann soll Mutter getötet haben und dafür 8,5 Jahre in Haft

Köln/Leverkusen · Ein Leverkusener soll seine 88-jährige Mutter getötet haben. Die Staatsanwaltschaft fordert 8,5 Jahre Haft. Am Donnerstag soll das Urteil fallen.

Nach der Tat versiegelte die Polizei das Haus der Familie.

Nach der Tat versiegelte die Polizei das Haus der Familie.

Foto: Miserius

Über Tat und Täter waren sich Staatsanwalt und Strafverteidiger einig. Der 60-jährige Angeklagte hat umfangreiche Geständnisse abgelegt. Gegensätzliche Meinungen zum Strafmaß vertraten Ankläger und die drei Verteidiger in ihren Plädoyers: Der Staatsanwalt fordert 8,5 Jahre Gefängnis, die Rechtsanwälte erwarten "nicht mehr als drei Jahre". Da der zuletzt in Opladen wohnhafte Angeklagte fast ein Jahr in U-Haft sitzt, wäre er im günstigsten Fall schnell wieder ein freier Mann. Nach Stand der Ermittlungen gab es in der Tatnacht einen Grillabend im elterlichen Haus, allerdings ohne die Mutter. Sie und ihr jetzt angeklagter Sohn sahen sich nach Mitternacht aber gemeinsam eine Musiksendung im Fernsehen an. Es habe an dem Abend eine unauffällige und ausgelassene Stimmung geherrscht, sagten Zeugen. Hinweise auf die Tat habe es nicht gegeben.

Gegen zwei Uhr habe der 60-Jährige den Plan gefasst, seine Mutter zu töten, sagte der Staatsanwalt. Nach Ansicht der Strafverteidiger geschah dies aus Mitleid, um der krebskranken Frau weiteres Leiden zu ersparen. Die Mutter wurde vom Sohn erstickt, sind sich Staatsanwalt und Verteidiger sicher. Das qualvolle Sterben dauerte rund eine Stunde, sagte gestern der Staatsanwalt. Direkt nach der Tat ging der damals 59-Jährige zu seinem Bruder und gestand alles. Der Täter hatte zu diesem Zeitpunkt maximal 2,78 Promille Alkohol im Blut. Die fünf Richter der 5. Großen Strafkammer müssen jetzt entscheiden, ob der Angeklagte aus reinem Mitleid tötete. Die strittige Frage ist auch, ob die 88-jährige Mutter vorher ihrer Familie signalisiert hatte, lieber tot zu sein. Das sei so, "sie wollte nicht mehr", sagte gestern ein Verteidiger. Das stimme nicht, hielt der Staatsanwalt dagegen: "Es gab bei dem Opfer keinen Sterbewunsch." Eine "Sterbehilfe" liege nicht vor." Der Angeklagte sei zwar ein "großer Verfechter" der Sterbehilfe, aber selbst in der Schweiz oder in den Niederlanden sei eine solche Tötung strafbar. Der Angeklagte hat laut Staatsanwalt angekündigt, mit 70 Jahren Suizid begehen zu wollen. Eigentlich habe er das schon mit 60 Jahren machen wollen. Der Leverkusener habe seinen Freitod-Plan auf die Mutter übertragen.

Eine Tat im Affekt schließt der Ankläger aus, die Verteidiger bejahen dies. Der 60-jährige Angeklagte habe sich in einer "strukturellen Notstandssituation" befunden und mit einem "Tunnelblick" getötet. Die Mutter sollte nicht so leidvoll sterben wie der Vater kurz zuvor. Reue über das Geschehen zeigte der Angeklagte auch gestern nicht, wie der Staatsanwalt betonte.

(RP)
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