Leverkusen Lumina - die Entdeckung der Langsamkeit

Leverkusen · Die "New Zealand Dance Company" vermischte bei einem starken Tanzabend im Erholungshaus Moderne mit Maori-Tradition.

 Ein Mann, ein paar Stäbe und ein bisschen Licht: Die Tanzcompagnie aus Neuseeland machte daraus wahre Tanzkunst.

Ein Mann, ein paar Stäbe und ein bisschen Licht: Die Tanzcompagnie aus Neuseeland machte daraus wahre Tanzkunst.

Foto: John McDermott

Seltsam geheimnisvoll stimmte bereits die vollkommen vernebelte Bühne in schummriger grau-blauer Beleuchtung. Orientierung gibt den Zuschauern nur ein dunkles Dreieck vom Boden in den Bühnenhimmel, während sich Tänzer aus dem Hintergrund lösen und wieder vom Nichts verschluckt werden. Auch die Percussionsmusik in unbekannten Klangfarben exotischer Instrumente lässt Fremdeln, selbst van Beethovens eingespielte "Mondscheinsonate" vermittelt in dieser Kombination nicht die gewohnte Sicherheit. Fasziniert lässt sich das Publikum in diesen Sog von Fremdartigkeit hineinziehen.

Und so wie der dreiteilige Tanzabend "Lumina" bei Bayer Kultur mit Stephen Shropshires Choreografie "Geography of an Archipelago" begann, so setzte er sich fort. Drei unterschiedliche Stücke brachte die noch junge New Zealand Dance Company aus Auckland auf ihrer ersten Deutschlandreise (mit nur zwei Haltepunkten) auf Einladung von Bayer Kultur ins Erholungshaus. Drei Mal Staunen und Hochspannung mit verschiedenen Blicken auf ein Land am anderen Ende der Welt von einer Compagnie, die sich trotz des Gebrauchs von aktuellem Bewegungsvokabular und Einsatz' moderner Digitaltechnik auf die Tradition der Ureinwohner besinnt.

Klänge der Maori und Bewegungsmuster der rituellen Tänze wurden auf der Bühne von hervorragenden Tänzern fantasiereich mit den Mitteln des zeitgenössischen Balletts kombiniert, ja zu einer überzeugenden, einheitlichen Neuschöpfung verschmolzen. Wie Beethovens Klaviersonate mit rituell gebräuchlichen Tönen einer Nasenflöte, so mischten sich in der besonderen Atmosphäre von (knapp bemessenem) Licht und Farbe die Bewegungen. Nach 20 Minuten Dauer des ersten Stücks war der Nebel vermeintlicher Dampflöcher von der Bühne weit in den großen Saal hineingewabert und damit auch die zauberhafte Stimmung, die sich noch bis in die Pause hinein hielt.

Denn in der nachdenklichen Produktion "In Transit" der Choreografin Louise Potiki Bryant wurde diese Spannung sogar noch gesteigert. Auch wenn man die Bedeutung der hier zitierten Maori-Rituale nicht kennt, so spürte doch jeder unmissverständlich deren Bedeutsamkeit und Ernsthaftigkeit. Zunächst fasziniert von den künstlich erzeugten Bildern sich biegender Stäbe im Hintergrund und schließlich der atemberaubenden Vorführung eines Tänzers in traditioneller Aufmachung, der bis zu sechs dieser langen Stäbe in der Balance hält, die ihm die Kollegen nacheinander auf Kopf, Schulter, Armbeuge oder Oberschenkel legen.

Es ist so etwas wie die Entdeckungen der Langsamkeit und des Einklangs mit der Natur und deren unverrückbarer Gesetze. Am weitesten vom traditionellen Ursprung entfernt hatte sich die Compagnie wohl mit dem letzten Beitrag "Brouhaha", einer Choreografie von Malia Johnston, die mit Hilfe von Licht- und Projektionstechnik eine weitere Dimension von Zauber hinzufügte. Körperliche (Über-) Reaktionen vervielfältigen und verselbständigen sich in schemenhaften Lichtzeichnungen, die simultan oder zeitversetzt flirren und damit die Sinne verwirren.

Die dazu geschaffenen Sounds verstärkten die Video Design-Komposition und die Lichtregie, in der sich die Tänzer der leistungsstarken Compagny forschend und tastend bewegen. Ein einzigartiger Abend,

(RP)
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