Paul-Heinz Wellmann Leverkusens "Mr. Leichtathletik" sagt Adieu

Leverkusen · Nach rund 40 Jahren beim TSV Bayer 04 und etwa 23 Jahren als Geschäftsführer der Leichtathletik-Abteilung geht Paul-Heinz Wellmann in den Ruhestand. Einen offiziellen Abschied gibt es aber nicht.

Paul-Heinz Wellmann: Leverkusens "Mr. Leichtathletik" sagt Adieu
Foto: Miserius Uwe

Am vergangenen Donnerstag war es so weit: Zum letzten Mal verließ Paul-Heinz Wellmann die Geschäftsstelle des TSV Bayer. Zwar geht der 65-Jährige erst Ende des Monats offiziell in den Ruhestand, aber durch noch abzubauende Urlaubstage beginnt sein neuer Lebensabschnitt bereits jetzt. "Ich freue mich sehr darauf", sagt Wellmann. Seine Pläne für die Zeit nach dem TSV fasst er wie folgt zusammen: "Freiheit, Leben, Reisen - und in vollen Zügen genießen."

 Immer im Dienst der Leichtathletik: Dr. Frank Kobor (l.) und Paul-Heinz Wellmann bei der Verabschiedung von Mehrkämpferin Jennifer Oeser.

Immer im Dienst der Leichtathletik: Dr. Frank Kobor (l.) und Paul-Heinz Wellmann bei der Verabschiedung von Mehrkämpferin Jennifer Oeser.

Foto: Miserius Uwe

23 Jahre lang war er der Vordenker, Strippenzieher und Chef-Kümmerer der Leichtathleten im Verein. Das ist eine entbehrungsreiche Aufgabe: immer wieder Wettkämpfe, immer wieder Reisen, immer wieder geopferte Wochenenden für die Leidenschaft Leichtathletik. "Es ist durch den Beruf einiges zu kurz gekommen", sagt Wellmann. All das wolle er jetzt nachholen.

Dass er ab sofort nicht mehr in der Fritz-Jacobi-Halle anzutreffen ist - daran wird sich so mancher erst noch gewöhnen müssen. Seit 1974 hat der gebürtige Hesse das leichtathletische Geschehen in Leverkusen maßgeblich mitgeprägt, zunächst als Weltklasse-Mittelstreckenläufer, der 1976 bei den Olympischen Spielen in Montreal (Kanada) die Bronzemedaille gewann, dann als Trainer im Verein und schließlich als hauptamtlicher Geschäftsführer.

An den größten sportlichen Erfolg seiner Karriere erinnert er sich noch heute gerne: In einem ganz auf Taktik abgestellten Rennen nutzte der damalige Schützling von Gerd Osenberg im Finale über 1500 Meter eine sich innen auftuende Lücke und lief mit einem fulminanten Endspurt in 3:39,33 Minuten dicht an Olympia-Sieger John Walker (Neuseeland/3:39,17) und Ivo van Damme (Belgien/3:39,27) auf das Treppchen. Zudem gewann er unter anderem bei den Deutschen Meisterschaften im Jahre 1973, bei denen er noch im Trikot seines Heimatvereins TV Haiger trug, sowohl über 800 als auch über 1.500 Meter die Titel.

1977 warfen ihn jedoch zwei Achillessehnen-Operationen aus der Bahn. Noch vor seinem Karriereende arbeitete der gelernte Schlosser bereits als Trainer. Zwei von vielen Vorzeige-Schützlingen sind Steffen Brand, 1992 Olympia-Fünfter und 1996 Olympia-Sechster über 3000 Meter Hindernis, und Sonja Oberem, im Marathon 1996 Olympia-Achte, 1997 WM-Siebte, 1999 WM-Sechste und 2001 WM-Fünfte.

1994 übernahm Wellmann den Posten des Geschäftsführers der Leichtathletikabteilung. Sein Hauptanliegen war, dass der Verein auf breiter Front den Nährboden für sportliche Höchstleistungen bieten konnte. "Wir sind einer der wenigen Vereine, der die komplette Leichtathletik abdecken kann - vom Sprint bis zum Mehrkampf", erklärt er.

Die Fritz-Jacobi-Sportanlage in Manfort ist einer der Gründe, warum er stolz auf sein Wirken in den vergangenen Jahrzehnten ist. "Wir sind Eigentümer der Anlage und haben Hausrecht. Neben unseren Aktivitäten findet hier allenfalls Schulsport statt, der durch unser Internat geregelt wird", berichtet er. "Am frühen Morgen und bis in die Nacht hinein kann hier Leichtathletik betrieben werden."

Möglichkeiten, den Verein zu verlassen, boten sich mehrfach - doch ein Wechsel stand für ihn nie zur Debatte. "Man hat mir beim TSV immer genügend Perspektiven geboten, aber jetzt werde ich mit der Leichtathletik zunächst komplett abschließen." Als Zuschauer, sagt er, sei er natürlich weiterhin dabei - so auch im nächsten Jahr bei den Europameisterschaften in Berlin.

Seinem Nachfolger, der ebenfalls eine langjährige TSV-Vergangenheit haben und morgen bekanntgegeben werden soll, wünscht er nur das Beste. Einen offiziellen Abschied wird es auf eigenen Wunsch des scheidenden Geschäftsführers nicht geben.

Er hinterlasse nicht nur mit Blick auf den Etat ein bestelltes Feld, betont Wellmann. Mit unter anderem Bo Kanda Lita Baehre (Stabhochsprung), Konstanze Klosterhalfen (Mittelstrecke) und Jennifer Montag (Sprint) verfügt der Verein über hochveranlagten Nachwuchs. Zudem gibt es noch etablierte Kräfte wie Katharina Molitor (Speerwurf), Silke Spiegelburg (Stabhochsprung) und den Sprinter Aleixo Platini Menga. Ihm sei nur wichtig, dass die Leichtathletikabteilung auch unter neuer Führung stets die bewährte Maxime beibehalte, "immer im Sinne der Sportler zu handeln".

(RP)
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