Ostern 2022 Leverkusener Zeichen von Hoffnung und Leid

Leverkusen · Sie sind Orte der Stille und Einkehr, sie sind Wegweiser und Zeitzeugen: Passions- und Missionskreuze. Leverkusen ist reich an ihnen. Warum sie wo stehen und was sie erzählen, weiß Gregor Schier, Denkmalpfleger bei der Stadt.

  Ort der Einkehr: das Passionskreuz mit Bank und Baum in Ropenstall.

Ort der Einkehr: das Passionskreuz mit Bank und Baum in Ropenstall.

Foto: Ludmilla Hauser

Ein Kreuz. Ein Baum. Eine Bank. Darüber spannt sich der Himmel. Wären am Horizont nicht ein Wohnhaus und Leitungen zu sehen, wäre die Bank nicht so modern, es könnte das Jahr 1720 sein, das Passionskreuz auf dem Weg nach Ropenstall frisch aufgestellt, die Muschelnische im oberen Sockelteil noch ungenutzt. 300 Jahre später liegen dort zwei Steine und ein paar trockene Wiesenblümchen. Irgendjemand hat die Nische mit Leben gefüllt.

„Viele Leute meinen, dass in den leeren Nischen von Passionskreuzen etwas fehlt, dass da vielleicht eine Heiligenfigur gestohlen worden ist“, sagt Gregor Schier. Innerhalb von 300 Jahren ein durchaus vorstellbares Szenario. Aber ein falsches. „Die Nischen sind wirklich als Nischen gedacht, um dort bei Prozessionen eine Monstranz oder Heiligenfigur abstellen zu können“; erläutert der städtische Denkmalpfleger.

 Das Altenberger Kreuz auf dem Friedhof Birkenberg in Opladen.

Das Altenberger Kreuz auf dem Friedhof Birkenberg in Opladen.

Foto: Ludmilla Hauser

Die Nische im Passionskreuz auf dem Friedhof Birkenberg besetzen zwei goldene Putten neueren Datums. Das Kreuz selbst datiert zwischen 1750 und 1770. Es ist eines von zwei unter Denkmalschutz stehenden Altenberger Kreuzen in Leverkusen. „Das Wappensiegel zeigt im geviertelten Schild im ersten und vierten Feld einen aus einem Berg herauswachsenden Abtsstab, im zweiten und dritten Feld drei aus einem Herz heraussprießende gestielte Rosen, darüber im Schildhaupt drei Sterne. Auf dem Schild eine Mitra zwischen zwei hinter dem Schild gekreuzten Abtsstäben“, heißt es in der Denkmalbeschreibung. Zu sehen ist das Wappen von Johannes Hoerdt, der zwischen 1739 und 1779  Abt in Altenberg war. Er gilt als Stifter des Kreuzes. Das zweite Altenberger Kreuz steht in Gronenborn, gehörte zu einer dreiteiligen Kreuzesgruppe des Klosters Altenberg, kam 1817 ins kleine Örtchen. Laut Schier ist es eines der schönsten Passionskreuze in Leverkusen. Und die Stadt ist recht reich an diesen besonderen Schätzchen, mehr als 15 Passionskreuze sehen unter Denkmalschutz, dazu Votivkreuze, Gedenkkreuze, Missionskreuze. Die Passionskreuze, sagt Schier, weisen eindeutig auf den Leidensweg Christi hin, „zeigen – wie das Passionskreuz an der Ecke Am Werth/Hitdorfer Straße – Marter-Insignien wie Hammer und Nägel, zeigen Wundmale und meist den Corpus, also den Leib des Gekreuzigten. Darauf wollen sie hindeuten, sie dienen aber auch als Wegekreuze.“

Und sie erzählen Stadtgeschichte. „Die Menschen früher haben die Kreuze zum Beispiel wegen ihres Glaubens gespendet, weil sie eine Krankheit überwunden haben. Oder Mäzene gaben sie, weil sie sich dadurch eine bessere Position im Himmel erhofften.“ In Hitdorf stellten die Menschen auch Kreuze an Stellen auf, wo Menschen ertrunken sind. Am Ortsrand von Gronenborn ist noch eine andere Art Kreuz zu sehen, „Rette Deine Seele“ steht darauf. Und darunter: „Errichtet von mehreren Wohltätern 1908.“ Es ist ein Missionskreuz. „Ein solches Kreuz sollte nochmal den Glauben vertiefen, die Bedeutung des Kreuzes für die Erlösung verdeutlichen“, erläutert der Experte. „Eines der größten Missionskreuze ist außen an der Kirche Christus König in Küppersteg zu sehen.“

 Der Corpus auf dem Altenberger Kreuz in Gronenborn. Das Kreuz gehörte zu einer dreiteiligen Gruppe und steht seit 1817 in Gronenborn.

Der Corpus auf dem Altenberger Kreuz in Gronenborn. Das Kreuz gehörte zu einer dreiteiligen Gruppe und steht seit 1817 in Gronenborn.

Foto: Ludmilla Hauser

Auch wo etwa Passionskreuze in Leverkusen stehen, ist für die Geschichte der Stadt interessant, sagt Schier. Denn an der Verteilung der Kreuze wird klar, welcher Stadtteil katholisch geprägt war und welcher evangelisch. „In Bergisch Neukirchen finden Sie keine oder keine mehr, im Bereich Neuboddenberg mehrere“, betont der Denkmalpfleger. In Neuboddenberg habe die katholische Kirche ihre Vormachtstellung  kurz vor dem eher evangelisch geprägten Bergischen nochmal  klar gemacht: „mit der sehr großen Kirche an einer Stelle, wo man sie so nicht erwartet, aber sie weithin zu sehen ist“.  Auch das Aussehen eines Kreuzes gebe Auskunft. „Evangelische Kreuze sind meist ohne Corpus, katholische meist mit Corpus. Die aus der Romanik zeigen die Schmerzen Christi nicht, da ist der Corpus unversehrt, die aus der Gotik tun es.“

Das Kreuz, sagt der Architekt, „ist auch in den Sprachgebrauch übergegangen, etwa in ,der hat ein Kreuz zu tragen‘, aber auch in andere Bereiche des Lebens, etwa in den Schienenverkehr mit dem Andreaskreuz und in den Straßenverkehr bei jeder Kreuzung.“

 Das Missionskreuz von 1908 an der Straße Im Rottland.

Das Missionskreuz von 1908 an der Straße Im Rottland.

Foto: Ludmilla Hauser
 Leverkusen:Kreuz in Hitdorf an der Kreuzung, Am Werth/Hitdorferstr.

Leverkusen:Kreuz in Hitdorf an der Kreuzung, Am Werth/Hitdorferstr.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Wandertipp: Ab Bus-Halt Alt-Steinbüchel (Auf‘m Berg/Steinbücheler Straße) den Berg (Auf‘m Berg) hoch der Straße folgen bis links „In der Wasserkuhl“ abzweigt. Abbiegen und folgen bis zur Kreuzung Krummer Weg, links abbiegen und folgen, bis rechts die Allee „Ropenstall“ abzweigt.  An ihr liegt das  Passionskreuz Ropenstall. Im Ort der Straße Ropenstall folgen. Unterhalb des Ortes rechts entweder den Weg Wiesenfeld oder ein Stück weiter Im Rottfeld nehmen. Beide  stoßen auf den Kumper Weg, ihm nach rechts zur B 51 folgen, diese queren, nach links weiter, bis rechts   „Im Rottland“ abzweigt. Hier steht das Missionskreuz. „Im Rottland“ folgen bis zur Kreuzung Gronenborner Weg. Geradeaus ist das Altenberger Kreuz zu sehen. Zurück es auf dem Gronenborner Weg (vor dem Kreuz stehend nach rechts) bis zur B 51, dort links abbiegen und  bis zur Kirche St. Nikolaus. Hier entweder vor der Kirche in den Krummen Weg und hinter der Kirche links In die Wasserkuhl oder an ein Stück hinter der Kirche rechts auf Fußweg zur Kleingartenanlage Mathildenhof. Diese durchqueren bis In der Wasserkuhl. Von dort zurück zum Parkplatz.

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