Leverkusen Leverkusener rettet Nagelbomben-Opfer

Leverkusen · Zum Auftakt des NSU-Prozesses kommen bei dem Leverkusener Malteser-Retter Tim Feister die Bilder seines Einsatzes nach dem Nagelbomben-Attentat in Köln hoch. Er hat einen Verletzten versorgt und wird den Prozess verfolgen.

 Der Leverkusener Malteser Tim Feister war Ersthelfer beim Nagelbomben-Attentat, das der NSU zur Last gelegt wird, gegen die der Prozess nun in München eröffnet worden ist.

Der Leverkusener Malteser Tim Feister war Ersthelfer beim Nagelbomben-Attentat, das der NSU zur Last gelegt wird, gegen die der Prozess nun in München eröffnet worden ist.

Foto: Matzerath, Ralph

In einer türkischen Geschäftsstraße in Köln explodiert ein Sprengsatz. 17 Menschen werden verletzt. Die Keupstraße im Kölner Stadtteil Mülheim ist mit Nägeln und Splittern übersät. Einer der Ersthelfer ist der Leverkusener Tim Feister vom Malteser Hilfsdienst.

Nach dem Nagelbomben-Attentat vom 9. Juni 2004 in Köln wird der Terroristin Beate Zschäpe und weiteren Unterstützern aus dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) jetzt in München der Prozess gemacht. Ihnen wird vorgeworfen, zwischen 2000 und 2007 in Dortmund, Nürnberg, Hamburg, München, Rostock, Kassel und Heilbronn zehn Menschen ermordet zu haben. Dem Trio wird auch das Nagelbomben-Attentat in der Kölner Keupstraße aus dem Jahr 2004 zugeschrieben: Eine Straße, in der viele Türken leben.

Für Tim Feister kommen die Bilder vom Einsatz in der Keupstraße jetzt wieder hoch: "Ich kann mich noch erstaunlich gut an den Einsatz erinnern, denn er war nicht alltäglich", sagt der Mann, der auch bei der Love-Parade in Duisburg unter den Ersthelfern im Tunnel war und die Patientenwache dort mit betreut hat. Für Feister war der Einsatz bei der Love-Parade nachhaltig wohl der emotionalste; der in der Keupstraße nach dem Nagelbomben-Attentat trotz aller Tragik ein besonders erfolgreicher.

"Den blutüberströmten Mann, der anschließend immer im Fernsehen gezeigt wurde, haben mein Kollege und ich in unserem Rettungswagen versorgt und ins Krankenhaus gebracht. Anschließend stellte sich heraus, dass er im Gegensatz zu anderen Beteiligten gar nicht so schwer verletzt war, wie es zunächst aussah", berichtet der Rettungssanitäter, der seit eineinhalb Jahren die Malteser-Dienststelle in Leverkusen-Bürrig leitet. "Wir haben ein Stück dazu beitragen können, dass sich die Lage nicht noch schlimmer entwickelt hat, als sie ohnehin schon war. Und deshalb hat mich der Einsatz an der Keupstraße auch motiviert", berichtet der 34-Jährige.

Er weiß, dass die Bilder, die sich nach solchen Einsätzen ins Gedächtnis eingraben, professionell verarbeitet werden müssen: "Denn sonst könnten wir unseren Beruf gar nicht ausüben." Nach dem Einsatz in der Keupstraße und erst recht nach der Love Parade seien die Gespräche mit den Kollegen immer besonders wichtig. "Wir setzen uns nach jedem Einsatz zusammen, wenn die Schicht beendet ist. So können wir das Geschehene und Gesehene gemeinsam verarbeiten", sagt der Dienststellenleiter, der auch selbst immer noch freiwillig mit im Rettungsdienst tätig ist. "Ich möchte meine Basis nicht verlieren", betont Feister.

Den NSU-Prozess in München wird er mit großem Interesse in den Medien verfolgen: "Ich bin ein politisch interessierter und engagierter Mensch", sagt das CDU-Vorstandsmitglied Tim Feister. Als die Leverkusener Malteser als Rettungsverstärkung zu dem Einsatz in die Keupstraße gerufen wurden, sei zunächst gar nicht klar gewesen, worum es gegangen sei. "Erst am Einsatzort war plötzlich die Rede von einem Anschlag.

Zuerst hieß es nur, es habe eine Explosion gegeben, und die meisten haben gedacht, es sei Gas explodiert", erinnert sich Feister. Als dann der Verdacht eines Anschlages die Runde machte, seien ihm Bilder des 11. Septembers durch den Kopf gegangen: "Aber dann war bald klar, dass es bei diesem Attentat einen ausländerfeindlichen, rechtsradikalen Hintergrund gab."

(RP/rl)
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