Folgen der Corona-Krise Kinderschutzbund verweist auf Gewalt-Risiko

Leverkusen · Was macht die Corona-Krise mit den Familien? Verstärken Kontaktverbote und strengere Ausgehregeln die Konflikte? Der Kinderschutzbund fordert eine Schnellabfrage des Landes bei den Jugendämtern zur Klärung der Lage. Am 30. April ist Tag der gewaltfreien Erziehung.

 Gewalt gegen Kinder könnte sich während der Corona-Krise ausweiten, befürchtet der Kinderschutzbund.

Gewalt gegen Kinder könnte sich während der Corona-Krise ausweiten, befürchtet der Kinderschutzbund.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Zum Tag der gewaltfreien Erziehung am 30. April meldet sich der Kinderschutzbund Leverkusen zu Wort. Er befürchtet, dass das Kinderrecht auf gewaltfreie Erziehung in der Corona-Pandemie gefährdet sei. „In diesen nicht einfachen Zeiten entstehen in Familien immer häufiger Konfliktsituationen“, sagt Peter Boddenberg, Geschäftsführer des Kinderschutzbundes in Leverkusen. Es bestehe das Risiko einer Gewaltzunahme. Konkrete Zahlen dazu liegen dem Kinderschutzbund nicht vor. Die Landesvorsitzende Gaby Flösser ergänzt aber: „Insbesondere während der aktuellen Corona-Pandemie darf die Politik das Risiko der verdeckten Gewalt gegen Kinder nicht aus den Augen verlieren. Schließlich ist durch die Reduzierung von Kita- und Schulbetrieb die soziale Aufmerksamkeit geringer geworden. Eine Schnellabfrage durch das NRW-Familienministerium bei den Jugendämtern im Land kann zu mehr Klarheit über die tatsächliche Lage in Familien beitragen. Bisher spekulieren wir alle nur.“

Für das laufende Jahr hat sich der Kinderschutzbund in Leverkusen einiges vorgenommen. Leihomas und Leihopas, die aufpassen, wenn die Großeltern zu weit weg wohnen, wurden bisher vom städtischen Fachbereich Kinder und Jugend betreut. Seit Anfang des Jahres hat der Deutsche Kinderschutzbund Ortsverband Leverkusen diese Aufgabe für die die nächsten zwei Jahre übernommen. „Wir erhalten zwar finanzielle Unterstützung durch die Stadt Leverkusen in Höhe von jährlich 5000 Euro, sind aber noch nicht sicher, ob wir diese Arbeit überhaupt leisten können“, erläuterte Schatzmeister Horst Richartz.

Ohnehin sei die Organisation auf Spenden angewiesen, weil staatliche Fördergelder ausblieben. Zum Glück gebe es Mitglieder und Sponsoren sowie den Förderverein, der Mittel generiere und für die Tätigkeiten des Kinderschutzbundes zur Verfügung stelle. Neu ist ebenfalls eine Aktion, für die der örtliche Kinderschutzbund spezielle Rechte erworben hat und die Eltern zum Nachdenken anregen soll. Auf diversen Plakaten sind Mütter und Väter zu sehen, die sich auf ihr Handy anstatt auf ihr Kind konzentrieren. Dazu wird provokativ gefragt: „Heute schon mit Ihrem Kind gesprochen?“ Die Plakate werden in Kürze an Kitas und Schulen verteilt, um darauf hinzuweisen, dass „Zuwendung und Sprache wichtige Voraussetzungen für die Entwicklung von Kindern sind“, sagte  Geschäftsführer Helmut Ring.

Seit Jahren ist das Beratungsangebot „Nummer gegen Kummer“ fester Bestandteil der Arbeit im Kinderschutzbund. Mit aktuell 50 Mitarbeitern zählt Leverkusen zu einem der ganz großen Standorte in Deutschland. Zurzeit werden weitere Leute für die Telefon-Hilfe ausgebildet und qualifiziert, bei der sich Kinder und Jugendliche unter der anonym und kostenlos erreichbaren Nummer 0800-1110333 Rat für ihre Sorgen und Nöte holen können. „Schulische Probleme sowie Mobbing nehmen den größten Raum ein“, berichtete Helmut Ring. Das Elterntelefon mit der Nummer 0800-1110550 ist als Gesprächs- und Beratungsangebot für Eltern und andere Erziehende gedacht. Vor zwei Jahren beantwortete das Leverkusener Team fast 700 Anrufe, bei denen es überwiegend um Probleme rund um die Erziehung ging.

Im Rahmen der Frühen Hilfen bietet der Kinderschutzbund in der Bahnhofstraße 21 und in Kooperation mit dem Opladener Laden einen Babytreff mit Spielangeboten und Beratung für Eltern mit Kleinkindern an. Das Ehrenamtsprojekt „wellcome“ ist ebenso zum festen und anerkannten Bestandteil der Frühen Hilfen in Leverkusen geworden. Dabei werden Familien mit Rat und Tat unterstützt, etwa wenn die Mutter zum Arzt oder der Haushalt versorgt werden muss.

Ein weiteres, wichtiges Projekt des Kinderschutzbundes ist das Präventionstheater „Ganz schön blöd“. Dabei besteht eine Zusammenarbeit mit dem Verein Zartbitter, der sich in Grundschulen speziell um Beratung und Vorbeugung gegen sexuellen Missbrauch und jede Form von Gewalt kümmert.

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