Neue Leverkusener Kulturserie „Ich spiele...“ Eine Gitarre, die aus den Fingern liest

In unserer neuen Kulturserie stellen wir Leverkusener und ihr Instrument vor. Den Auftakt macht Matthias Fromageot.

 Matthias Fromageot spielt mit seinem Schüler Sobhan. Zu zweit, im Trio oder im Quartett klingt es schneller nach was.

Matthias Fromageot spielt mit seinem Schüler Sobhan. Zu zweit, im Trio oder im Quartett klingt es schneller nach was.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Dass die Gitarre sein ständiger Begleiter geworden ist, beruflich wie privat, ist eher einem Zufall geschuldet. „Ich wollte gerne Klavier lernen“, erinnert sich Matthias Fromageot. „In der Musikschule war allerdings gerade kein Lehrer frei, wohl aber einer für Gitarre.“ Das war für den damals Zwölfjährigen absolut okay. „Das hat mir erst einmal gereicht“, sagt er. Den Nachbarn war es vermutlich recht, denn der stellvertretende Leiter der Musikschule Leverkusen ist in einem Berliner Mehrfamilienhaus groß geworden. Da blieben seine Übungen auf dem zarten Zupfinstrument jedenfalls in den eigenen vier Wänden, während die Hausbewohner bestimmt jede Entwicklung seines Klavierspiels mitbekommen hätten.

Das Instrument hat weitere Vorteile: Man kann es mitnehmen, und die Anschaffung ist eine überschaubare Investition. „Ab 200 Euro bekommt man heute ein gut brauchbares Instrument für Einsteiger“, sagt Fromageot und warnt gleichzeitig vor Aktionen von Discountern und Co. Was billiger angeboten werde sei „ästhetisches Brennholz“. Diese Gitarren verursachten mehr Frust als Freude, denn sie stimmten nicht, und: „Sie fühlen sich auch nicht gut an.“

Das Stimmen war früher ein mühsames Geschäft, das Schüler erst lernen mussten  – nicht immer erfolgreich. Denn der Spieler musste den Ton der Stimm-Flöte mit dem der jeweiligen Saite abgleichen. Heute gibt es nicht nur Stimmgeräte, die genau anzeigen, wie viel am Wirbel gedreht werden muss. Es gibt auch hervorragende Apps für das Smartphone. „Die müssen erst einmal alle Eltern herunterladen“, erzählt Fromageot. Denn: „Stimmen ist wichtig, sonst kann man das Hören nicht entwickeln. Die Hauptarbeit ist die Entwicklung der Klangvorstellung.“ Und dann muss man natürlich mühsam lernen, diese technisch umzusetzen. Matthias Fromageot selbst hat sich übrigens vor einigen Jahren ein Instrument für fast 7000 Euro gekauft, mit dem er glücklich ist. „Die Gitarre liest mir aus den Fingern“, schwärmt der Lehrer, der damals eigentlich nur einen Schüler aus seinem sehr erfolgreichen Quartett „Four Nations“ beim Kauf begleiten und beraten wollte. „Da stand ein anderes Instrument in der Ecke, das habe ich probiert.“ Nach zwei Stunden habe er seine Frau angerufen, um ihre Zustimmung für den Kauf zu bekommen. Über Anschaffungen in der Größenordnung würden sie stets gemeinsam entscheiden.

Er sei musikalisch im Kinderchor groß geworden – und zugleich selbstständig durch die Bus- und U-Bahn-Fahrten kreuz und quer durch die Stadt zu den Aufführungsorten  – erzählt Fromageot. Und er war überaus zufrieden mit der ganz traditionellen Instrumental-Ausbildung, die er genossen hat. E-Gitarre habe er auch mal probiert, aber es habe ihm gar keinen Spaß gemacht. Dafür war er begeistert, schon ziemlich bald im drei- bis vierstimmig chorisch besetzten Gitarrenorchester mitspielen zu können. „Ich habe vergessen, ob das musikalische hochwertig war“, gesteht er. Aber: „Es hat einen Heidenspaß gemacht.“

Das sei ein wichtiger Faktor. Denn es bedeute ja nicht, dass es einem einfach zufällt. „Die Freude am Musizieren ist der Lohn für viel Arbeit.“ Insbesondere in der Gruppe, deswegen wird das Ensemblespiel auch an der Leverkusener Musikschule groß geschrieben. Das sei schon ab dem zweiten Jahr Unterricht möglich. Außerdem klinge es im Trio oder Quartett viel schneller nach was. Solistische Stücke seien sehr viel schwerer, wenn man einen gewissen Hör-Anspruch habe. Im Ensemble seien dagegen die Einzelstimmen deutlich einfacher und trotzdem ergibt sich im Zusammenspiel richtig gute Musik.

So gut, dass es schon zwei seiner Schüler-Ensembles bis in den Bundeswettbewerb von „Jugend musiziert“ geschafft haben. Grundsätzlich unterrichten Fromageot und seine sieben Fachkollegen alle klassisch und Fingerstyle in einer gewissen Bandbreite, aber die einzelnen Lehrer haben durchaus ihre speziellen stilistischen Neigungen. „Wenn einer gerne Flamenco spielen möchte, schicke ich ihn zu Stefan Seehausen“, sagt er, da nehmen sich die Kollegen nicht die Butter vom Brot.

 Überall hin mitnehmbar: die Gitarre.

Überall hin mitnehmbar: die Gitarre.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Nach der Flüchtlingswelle vor drei Jahren hat die Musikschule mit Fördermitteln 20 Baglamas angeschafft. Das sind Langhalsgitarren, die vom Balkan bis Afghanistan verbreitet sind und im Westen auch als „türkische Gitarre“ bezeichnet werden. Dafür wurde eine Honorarkraft angestellt, denn die Spielweise unterscheidet sich trotz der Ähnlichkeit. Mensur und Stimmung sind anders, zudem wird sie mit Plectron gespielt. Die Baglamas können Musikschüler ebenso ausleihen wie Gitarren. Da gibt es auch kleinere Instrumente für Erstklässler.

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