Insekten-Experte in Leverkusen „Die Wespen haben jetzt frei“

Leverkusen · Die Plagegeister des trockenen Sommers können lebensgefährlich werden, stehen aber unter Naturschutz. Experten mahnen zur Vorsicht, warnen aber auch vor Überreaktion und geben Tipps zur Vorbeugung.

Wegen der anhaltenden Trockenheit gibt es diesen Sommer sehr viele Wespen. 

Wegen der anhaltenden Trockenheit gibt es diesen Sommer sehr viele Wespen. 

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Die kleinen schwarz-gelben „Mitesser“ können ziemlich nervig sein. Sobald der Tisch im Garten gedeckt ist und der Pflaumenkuchen oder das Grillfleisch auf dem Teller liegen, kommen die lästigen Plagegeister und wollen ebenfalls etwas abhaben. „Es ist ein gutes Wespenjahr“, bestätigt Jürgen Kossler, Artenschutzbeauftragter bei der Stadt Leverkusen. Einen Grund, deshalb von einer „Wespenplage“ zu sprechen, sieht er aber nicht.

Das warme und trockene Frühjahr habe ideale Bedingungen für die Entwicklung von großen Wespenvölkern mit vielen Individuen geboten, erläutert der Experte. Eine Königin könnte bis zu 7000 Tiere – überwiegend von der Art Gemeine Wespe oder Deutsche Wespe – um sich geschart haben. Solange sie ihre Brut füttern mussten, hätten wir sie eher nicht zu Gesicht bekommen. Doch inzwischen – wie immer um diese Jahreszeit – seien anfallenden Arbeiten wie Beutefang, Nesterweiterung oder Brutpflege weitgehend erledigt. Somit hätten die Störenfriede ausreichend Zeit und Muße, sich um die eigene Nahrung kümmern zu können. Kossler: „Dann haben die Wespen frei und machen sich selbständig, weil sie nur noch sich selber versorgen müssen. Dass sie in dieser Phase vor allem auf Süßes stehen, ist ganz normal.“

Bei ungebetenen Wespen-Besuchen sei es angebracht, grundsätzlich Ruhe zu bewahren. Weder solle man um sich schlagen, noch die Tiere anpusten. Damit erreiche man nur das Gegenteil, so dass sie den Angriffen aggressiv begegneten. Außerdem seien Wespen in der Lage, Angst zu riechen, das mache sie erst recht aggressiv. Besser sei es, ruhig und gelassen zu bleiben. „Oder einen Teller mit der bevorzugten Beute an den Rand des Tisches stellen“, lautet der Vorschlag von Amtstierarzt Kurt Molitor.

Wer ein Gartenfest plane, rät Kossler darüber hinaus, könne schon Tage vor dem Termin eine „Ablenkfütterung“ starten. Dazu reiche es, wenn man den Tieren eine Hand überreifer Pfirsiche oder Weintrauben an einem entfernten Ort in der Nähe anbiete. Kossler: „Weil Wespen faul sind, fliegen sie immer zu diesem Ort, so dass die Besucher beim Fest bleiben ungestört bleiben.“

Wespenstiche seien meist harmlos und in der Regel nach etwa drei bis vier Tagen abgeheilt, sagt Amtstierarzt Molitor, der zugleich ausgebildeter Rettungsassistent ist. Das Gift sorge für die Rötung und Schwellung um die Einstichstelle sowie für ein schmerzhaftes Brennen. Im Normalfall genüge es, die Einstichstelle zu kühlen. Sei die Rötung nicht größer als ungefähr zehn Zentimeter, bestehe kein Grund zur weiteren Sorge. Mit einer Wundprophylaxe lasse sich einer Infektionsgefahr vorbeugen. Zuständiger Ansprechpartner sei in der Regel der Hausarzt.

Wenn die Wespe in den Mund oder Rachenraum gestochen habe, bestehe allerdings Lebensgefahr. Gleiches gelte, wenn das injizierte Gift einen allergischen Schock auslöse. Symptome wie Zittern, Übelkeit oder Erbrechen würden darauf hindeuten. Dann sei unbedingt der Rettungsdienst unter der bundesweiten Rufnummer 112 zu alarmieren.

Grundsätzlich sei sowohl das Töten der Tiere als auch das Entfernen von Wespennestern verboten, verdeutlicht Biologe Kossler. Als Grund könnte allenfalls die drohende Lebensgefahr von Allergikern gelten. Wespen ständen in Deutschland unter allgemeinem Naturschutz. „Außerdem haben sie eine bedeutende ökologische Funktion im Naturhaushalt“, ergänzt der Fachmann. Denn die so genannten „Hautflügler“ hätten nicht nur eine Vorliebe für Speisen und Getränke von Menschen, sondern verspeisten auch Raupen und Schädlinge wie Apfelwickler oder Frostspanner.

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