Leverkusen weiter Spitze bei Inzidenz „Wir müssen die Impflücken schließen“
Leverkusen · Leverkusen bleibt beim Inzidenzwert weiter an der bundesweiten Spitze. Die Stadt hält an Quarantäne-Teststrategie fest. Corona-Patienten immer jünger.
Amtsarzt Martin Oehler widerspricht dem Robert-Koch-Institut (RKI). Das sagt, die vierte Corona-Welle beginne. Oehler sagt: „Wir sind schon mitten drin.“ Die Inzidenz-Kurve ist in den vergangenen Tagen zu einer steilen Geraden mutiert – Wert am Freitag: 149,6 nach 124,6 am Donnerstag. Leverkusen ist bundesweit an der Spitze. Trotzdem heißt es von der Stadt: keine Cluster, keine Hotspots.
Lage Die Verwaltung führt die Zahlen darauf zurück, dass Familien sich vor allem bei Auslandsreisen Corona als Souvenir mitgebracht haben. Weil die Delta-Variante sehr ansteckend ist, „läuft die Virustransmission im Familienverband höchst effizient“, sagt Oehler. Dazu kommt: Zwar empfiehlt das RKI den Gesundheitsämtern bei Kontaktpersonen zwei Tests in der Quarantäne. „Verpflichtend ist das aber nicht.“ Schon gar nicht als PCR-Test. Leverkusen aber lasse auch die Kontaktpersonen zweimal per PCR-Verfahren testen. „Wir wollen die Dunkelziffer verringern und noch präziser die Infektionsketten unterbrechen. Ziel: Menschenleben schützen“, betont Oehler. Aktive Fallfindung nennt er das. Beispiel Donnerstag: „Allein 20 Prozent der neuen Infektionsfälle dieses Tages sind durch unsere aktive Fallfindung endeckt worden, Wenn man die 20 Prozent vom Inzidenzwert abzieht, ist unsere Spitzenposition schon wieder weg.“
3 G Die neue Geimpft-Genesen-Getestet-Regeln machen die bisherige Inzidenzstufen-Vorgaben obsolet. „NRW will in die Normalität zurückkehren“, sagt Krisenzentrums-Chef Marc Adomat. Für Menschen, auf die eines der Gs zutrifft, sei wieder fast alles möglich. Die Stadt will sich an die Vorgaben des Landes halten, keine separaten Verfügungen rausbringen, etwa beim Thema Schule. Laut Adomat waren zum Schulstart 30 Schnelltests bei Schülern positiv, die Ergebnisse der PCR-Tests stünden noch aus. Die 3G machten auch Rückverfolgungs-Apps überflüssig, „sie zu nutzen, ist aber Gastronomen nicht verboten“, betont Gesundheitsdezernent Alexander Lünenbach. Es müsse nun darum gehen, Veranstaltungen so sicher wie möglich zu machen. Heißt: Regeln wie Abstand, Hygiene und Maske müssen sich „einbläuen“, ergänzt Stadtchef Uwe Richrath.
Impfen Die Impfquote liegt bei den Zweitimpfungen bei 61,3 Prozent. Über 80 Prozent sind das Ziel. Die Stadt setzt vor allem auf mobile Impfangebote, wie sie im Sommergarten stattfinden – Freitagnachmittag standen dort rund 100 Leute an – aber auch am Samstag beim Heimspiel der Werkself am Stadion zwischen 14 und 18.30 Uhr. Weitere mobile Angebote und Impfungen in Stadtteilen, in denen die Infektionszahlen hoch sind, derzeit ist das laut Lünenbach in Manfort, Alkenrath und Rheindorf der Fall, sollen folgen. Ab Oktober gibt es vom Land keine Finanzierung mehr für das Impfzentrum Erholungshaus. Die Stadt will das Impfen an Hausärzte, Schwerpunktpraxen und die mobilen Impfteams übergehen lassen.
Trotz vollständiger Impfung kann es zu Impfdurchbrüchen kommen, sagt Oehler, also zur Ansteckung. Der Wert sei aber moderat, liege derzeit bei sechs Prozent. „Impfen ist der Königsweg aus der Pandemie“, sagt der Amtsarzt. „Es gibt größere Impflücken. Die müssen wir schließen, dann können wir die Welle in zwei, drei Monaten brechen.“ Dass die Patienten immer jünger werden, bestätigen auch die Krankenhäuser. „Die Patienten bei uns sind zwischen 20 und 77, der Altersschnitt liegt bei 44“, sagt Utz Krug vom Klinikum. Zwei Patienten auf der Intensivstation seien in sehr kritischem Zustand. Sie seien wie alle schweren Covid-Fälle im Haus nicht geimpft. Krug: „Jeder Ungeimpfte wird früher oder später Corona kriegen, es sei denn, er zieht auf eine einsame Insel.“