Leverkusen Leverkusen verliert einen Abgeordneten

Leverkusen · Helmut Nowak (CDU) nimmt Abschied von Berlin. Der 76-Jährige will sich künftig ganz auf sein Unternehmen konzentrieren, das Brillenfassungen produziert.

 Glückwunsch dem Sieger: Helmut Nowak (CDU) gratuliert am Wahlabend Karl Lauterbach (links) zu seinem Erfolg.

Glückwunsch dem Sieger: Helmut Nowak (CDU) gratuliert am Wahlabend Karl Lauterbach (links) zu seinem Erfolg.

Foto: Uwe Miserius

Leverkusen wird künftig nicht mehr durch zwei, sondern nur noch durch einen Bundstagskandidaten vertreten sein. Wie gestern früh bekannt wurde, verliert Helmut Nowak sein Mandat in Berlin. Der CDU-Politiker hatte die Direktwahl mit klarem Abstand gegen Karl Lauterbach (SPD) verloren. Wegen der herben Verluste der CDU zog auch sein eigentlich aussichtsreicher Platz 39 in der NRW-Liste nicht mehr. Der 76-Jährige will sich nach seinem Abschied aus Berlin künftig ganz auf sein Unternehmen konzentrieren, das Brillenfassungen produziert. Über die CDU-Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung will er weiter politisch aktiv bleiben.

Offenbar war Nowak die von Lauterbach inszenierte "Tunneldiskussion" zum Verhängnis geworden. Das sieht der Unterlegene auch selbst so. "Da wurden Ängste geschürt, die unbegründet waren", sagt er. "Die Dieselaffäre bot die Basis, um den langen Tunnel als Wunderlösung zu verkaufen." Lauterbach hatte die von einigen Initiativen vertretene Lösung eines langen Tunnels unter dem Rhein übernommen und ins Zentrum seines Wahlkampfs gerückt. Wichtige Themen, wie etwa die Innere Sicherheit, seien viel zu kurz gekommen, ist Nowak überzeugt. "Das Interesse der Menschen an einem langen Tunnel hat mir geholfen", sagt der Wahlsieger Lauterbach. Als Erfolgsfaktor sieht er selbst auch seine gelebte Nähe zum Bürger. "Ich bin immer auf der Straße gewesen und habe an der Keupstraße in Köln-Mülheim ein stark frequentiertes Bürgerbüro, das wird häufig unterschätzt." Für viele Migranten sei er der "einzig nahbare Politiker".

Es gibt einen weiteren Abschied: Von seinem letzten "Wahltag" wird Udo Reudenbach, Leiter des Leverkusener Bürgerbüros, seinen Enkeln erzählen können. Unter der Überschrift: "Völlig Un- und total Erwartetes." Sonntag nämlich feierte Reudenbach, ein, wenn man so sagen darf, alter Hase, im Wahlgeschäft, doch noch eine Premiere: "Wir mussten ein Wahllokal aufbrechen lassen. Das hat es bisher noch nicht gegeben." Der Grund: Im Osten der Stadt, genauere Ortsbezeichnungen mochte Reudenbach nicht nennen, war der zuständige Hausmeister fürs Wahllokal nirgendwo aufzufinden oder zu erreichen. Das defekte Schloss sei aber umgehend ersetzt worden.

Am späteren Abend lagen Reudenbachs Nerven wieder zart blank, denn gegen 22 Uhr waren in Leverkusen sechs Wahllokale noch nicht ausgezählt, in Mülheim fehlten die Stimmen aus Wahllokalen im zweistelligen Bereich. Reudenbach hatte das im Vorfeld prophezeiht: "Wir werden auf Köln warten müssen." In der Tat. Kurz vor Mitternacht waren immer noch die Ergebnisse aus vier Kölner Wahllokalen offen. Oberbürgermeister Uwe Richrath, an diesem Abend Wahlleiter, hatte fast schon gelassen früher vorherformuliert: "Demokratie braucht manchmal eben Zeit."

Kurz drauf ließ sich Karl Lauterbach - er holte den Wahlkreis am Sonntag zum vierten Mal in Folge - trotzdem schon im Ratssaal feiern. Der Vorsprung auf CDU-Mann Nowak war da so gut wie uneinholbar. Und Lauterbach lieferte in seiner Dankesrede auch eine Art Entschuldigung: "Es ist schon sehr beachtlich, dass die Leute, die zu einer der acht Bürgerversammlungen, die ich gemacht habe, gekommen sind und meine zweistündigen Vorträge ertragen haben."

Der Leverkusener CDU stand bei der Wahlpräsentation im Rathaus doch die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben: "Im Mai standen wir hier noch mit heiteren Minen. Aber das ist Demokratie", merkte CDU-Fraktionschef Thomas Eimermacher an. Das Abschneiden, vor allem der AfD, auf Bundesebene schockte: "Ein rechter Durchmarsch. Das hätte ich in dieser Deutlichkeit nicht gedacht."

(RP)
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