Nouryon im Chempark Warum Leverkusen eine Weinstadt ist

Leverkusen · Das Chemieunternehmen Nouryon produziert im Chempark in Leverkusen Kieselsole. Die filtert kleinere Partikel während der Weinherstellung heraus.

 Werkleiterin Gabriele Hey präsentiert das Levasil, das unter anderem für einen klaren Wein sorgt.

Werkleiterin Gabriele Hey präsentiert das Levasil, das unter anderem für einen klaren Wein sorgt.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Wein und Leverkusen passen auf den ersten Blick kaum zusammen, schließlich ist die Stadt am Rhein nicht als ausgewiesenes Weinanbaugebiet bekannt. Und doch wird zwischen Köln und Düsseldorf etwas hergestellt, was für die Qualität eines Weins unerlässlich ist – Kieselsole. Die entfernt in der sogenannten Klarschönung nämlich kleinere Partikel wie Hefe und sorgt so für einen klaren Wein.

„Um die Trübstoffe herauszufiltern, werden in zwei Schritten zwei Flockungsmittel eingesetzt”, sagt Gabriele Hey. Sie ist Werkleiterin des Produktionsstandortes von Nouryon. Das Unternehmen, das im Leverkusener Chempark sitzt, produziert Levasil, eine Kieselsole, die im ersten der zwei Schritten zum Einsatz kommt. „Die elektrisch geladenen Teilchen ziehen die Trübstoffe an, die dann aneinander andocken“, ergänzt Hey. Im zweiten Schritt kommt dann Gelatine zum Einsatz oder eine Sojaverbindung, wenn der Wein vegan werden soll. Auf einen Liter Wein kommt ein Milliliter der Kieselsole, die die Partikel binden. Im Produktionsprozess werden die gebundenen Trübstoffe dann herausgefiltert, so dass im Endprodukt keine Kieselsole mehr enthalten ist.

Zum ersten Juni hat die 52-Jährige die Werkleitung übernommen, zuvor war sie in Frankfurt tätig. Leverkusen ist für sie kein unbekanntes Terrain. Von 1998 an war sie bereits am Standort im Einsatz, hatte ab 2008 ebenfalls ihre jetzige Stelle als Werkleiterin inne. Die Chefin geht in ihrem Job auf: „Chemie hat mich schon immer begeistert. Schnell wusste ich, das ist mein Ding.“ Besonders schön findet sie es zu sehen, wo die hergestellten Produkte zum Einsatz kommen.

Das Levasil, was der Leverkusener Standort von Nouryon ausschließlich produziert, hat nämlich einen weit gesteckten Anwendungsbereich. Ob an Autoscheiben, um die Kratzfestigkeit zu verbessern, oder in Farben für Außenanstriche, die dann die Witterung besser überstehen. „Auch beim Polieren von Silizium-Wafern, die in Computern verbaut werden, oder beim Polieren von Smartphone-Linsen wird Levasil eingesetzt“, berichtet Hey.

Auch in Zeiten der Corona-Pandemie hat Nouryon keine Probleme, die Kieselsole an den Mann zu bringen. Es habe sich nur das Verhältnis der Abnehmer etwas verändert, sagt Hey.

Je nach Anwendungsbereich werden unterschiedliche Kieselsole verwendet. Die kleinsten Partikel sind zwei Nanometer groß, die größten bis zu 70 Nanometer. „Da haben wir eine Palette verschiedener Produkte, aber wenn ein Kunde etwas Spezielles wünscht, können wir das auch produzieren“, betont die Werkleiterin. Während Leverkusen ein reiner Produktionsstandort ist, gibt es etwa in Schweden einen Standort, an den ein Testlabor angeschlossen ist und an dem auch geforscht wird.

Theoretisch könnte die Kieselsole also auch an anderen Niederlassungen von Nouryon produziert werden, praktisch geschieht dies aber nur in Leverkusen – und das rund um die Uhr. „Es ist kein besonders langwieriger Prozess. Nach zwei Tagen ist das Levasil fertig“, sagt Hey. Vom Rheinland aus werde es dann in die ganze Welt vermarktet. In Europa kommen die Abnehmer hauptsächlich aus der Wein- und Saft-Produktion. Wenn im September und im Oktober der Wein geerntet wird, mache sich das schon bemerkbar. Das seien die absatzstärksten Monate. Die Klarschönung in der Weinproduktion gibt es seit den 1920er Jahren. Hey: „Davor war der Wein trüb.“

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