Region Köln/Bonn „Leverkusen ist eine Stunde groß“

Leverkusen · Der Geschäftsführer des Vereins Region Köln/Bonn wirbt für den weiten Blick auf die Region und bessere Kooperation.

 Fahrradboxen am Busbahnhof in Wiesdorf – Mobilitätskonzepte spielen in Leverkusen eine immer größere Rolle, doch gibt es noch viel zu tun.

Fahrradboxen am Busbahnhof in Wiesdorf – Mobilitätskonzepte spielen in Leverkusen eine immer größere Rolle, doch gibt es noch viel zu tun.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Wollte man zu Fuß dorthin, ist das Bergische weit weg, und für manchen Leverkusener allenfalls als Ausflugsziel interessant. Aus der regionalen Perspektive sieht die Sache anders aus. Reimar Molitor nennt Beispiele: In Burscheid werden derzeit zwei neue Baugebiete erschlossen. „80 bis  90 Prozent der künftigen Bewohner kommen aus Leverkusen.“ Für ein Wipperführter Wohnhaus mit acht Eigentumswohnungen sind die Angaben noch genauer: „Gerade mal ein Eigentümer kommt aus Wipperfürth, vier aus Köln, der Rest aus Leverkusen und  Bergisch Gladbach.“ Molitor, der selbst aus Leverkusen stammt, ist ein großer Fan der Stadt: „Es gibt keinen Standort, der es ermöglicht, so viele Arbeitsplätze zu erreichen“, sagt er. „Von Bonn bis Duisburg liegt alles auf einer Schiene, das macht Leverkusen zu einem hochattraktiven Wohnort für Miete und Eigentum.“ Molitor ist Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Vereins Region Köln/Bonn. Im Bauausschuss des Stadtrates warb er neulich bei den Politikern für einen weiten, regionalen politischen Blick: „Leverkusen ist eine Stunde groß.“

Nicht nur in Köln, auch in Leverkusen werden die Flächen für Wohnraum knapp. Das löst Verdrängungsprozesse aus. Wer preiswerten Wohnraum sucht, weicht nach Wermelskirchen, Remscheid, Kürten oder Wipperfürth aus – und pendelt zu seinem Arbeitsplatz in Köln oder Leverkusen. Das verschärft die ohnehin angespannte Verkehrssituation. Neue Mobilitätskonzepte sind gefragt. „Die interkommunale Abstimmung muss zum Brot- und Buttergeschäft von Politik und Verwaltung werden“, fordert Molitor und nennt beispielhaft Herausforderungen für die Chemiestadt, wie den Ausbau innerstädtischer Radwege, neue Schnellbuslinien, den Umbau von Werksverkehren. „Wir brauchen kein blindes Wachstum, sondern passgenaue Lösungen.“

Molitor sieht regionale Kooperation als Geben und Nehmen: Leverkusens Nachbarn schaffen Wohnraum, mindern den Flächendruck und erwarten im Gegenzug  funktionierende Mobilität. Deshalb bleibe es wichtig, den Schienenverkehr und seine Haltepunkte attraktiv zu gestalten und die Radpendlerrouten auszubauen. Einer Konzentration auf ein oder wenige Verkehrsmittel erteilte Molitor eine Absage: „Wir müssen alle Mobilitätsoptionen prüfen.“ Dazu gehörten etwa auch neue Bussysteme, „die mit Shuttlebussen Bahnhöfe anfahren“.

Mögliche Einwände aus Leverkusen, die Stadt  werde zum „Parkplatz  der Region“ und leide durch den Autobahnverkehr, den andere verursachten, lässt Molitor nicht unbedingt gelten. Die bergischen Städte könnten ein Viertel bis die Hälfte ihrer Flächen nicht beplanen, weil es sich um Schutzgebiete  ihrer Trinkwassertalsperren handele, mit denen schließlich auch die Wasserversorgung an der Rheinschiene sichergestellt werde. Die Kommunen selbst, aber auch die Bürger müssten sich von Einzelinteressen und Kirchturmdenken lösen und das große Ganze ins Auge fassen. Molitor: „Die Summe aller Bürgerinitiativen ist kein Gemeinwohl.“   

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