Bürgermeister von Dormagen mischt sich ein Städtestreit um Gewerbesteuersenkung
Leverkusen · Dormagener Bürgermeister warnt Leverkusener Stadtrat deutlich vor Reduzierung des Hebesatzes.
Die Stadt Leverkusen will den kommunalen Kampf um finanzkräftige Firmen mit einer deutlichen Senkung der Gewerbesteuer verschärfen. Es droht ein Städtestreit in bislang ungekanntem Ausmaß. Auf Antrag von fast allen Leverkusener Ratspolitikern soll die hiesige Gewerbesteuer auf das einzigartig günstige Niveau von 250 Punkten, mit der die Stadt Monheim erfolgreich ist und reich wurde, gesenkt werden (wir berichteten). Das ist fast eine Halbierung des heutigen Satzes von 475 Punkten.
Die Grundlagen für den Städtestreit wird der Stadtrat mit ziemlicher Sicherheit schon heute, Montag, legen. Vom Dormagener Bürgermeister Erik Lierenfeld erhielten die Leverkusener Ratsvertreter deshalb am Wochenende einen fast schon wütenden Brief. Lierenfeld protestiert darin gegen die aggressive Abwerbetaktik der Leverkusener, fordert mehr Solidarität unter den Kommunen und eine grundlegende Änderung der Gesetzeslage zur kommunalen Finanzierungsbasis.
Leverkusen ist eine finanzschwache Stadt. Die Gewerbesteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen. 2018 flossen daraus 140 Millionen Euro in die Stadtkasse. Warum dann jetzt der gemeinsame Antrag auf Steuersenkung von CDU, SPD, Bürgerliste, Opladen plus, FDP und Soziale Gerechtigkeit? Die Politiker betonen: „Wollen wir agieren oder reagieren? Wir können den Entwicklungen in unserer Nachbarschaft weiter zusehen oder unser Schicksal selbst in die Hand nehmen. Wir wollen nicht zusehen.“ Auch die Fraktion der Grünen ist für eine Steuersenkung, will sich heute aber nicht festlegen. Oberbürgermeister Uwe Richrath soll erst „mit den großen Unternehmen der Stadt“ sprechen, „mit dem Ziel, ausgelagerte Unternehmensteile wieder nach Leverkusen zurückzuholen und ggfls. in Rede stehende Verlagerungen in andere Kommunen zu verhindern“. Ob sich weltweit agierende Konzerne von solchen lokalen Interessen beeinflussen lassen?
Dormagens Bürgermeister sieht dies genau andersrum: Die Leverkusener Lokalpolitik sollte den „Erpressungsversuchen von Wirtschaftsunternehmen nicht nachgeben“, heißt es in seinem Brief. Nachdrücklich bittet Lierenfeld, keine Gewerbesteuersenkung vorzunehmen (Nach Informationen aus dem Leverkusener Stadtrat ist eine Senkung des Gewerbesteuersatzes in Dormagen von 450 auf 300 Punkte im Gespräch).
Die Fortführung des „Unterbietungswettbewerbs“ der Kommunen könne nicht „zielführend“ sein. Stadtchef Lierenfeld schreibt: Einer der größten Steuerzahler des Chemiestandortes wolle sich steuerrechtlich neu positionieren, wenn Leverkusen die Abgabehöhe senkt. Damit verliere Dormagen viel Geld um Straßen, Schulen und Kitas zu sanieren, warnte der Bürgermeister. Am Ende des Städtewettbewerbs würden die Firmen insgesamt weniger für die Finanzierung der kommunalen Ausgaben beisteuern.
Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) hingegen lobte den Vorstoß der Politik und hofft, „dass diese Vorlage am Montag im Stadtrat von einer großen Mehrheit getragen wird. Die Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes ist das richtige Signal zur Stärkung des Industriestandortes Leverkusen, insbesondere können so weitere Ansiedlungen von neuen Unternehmen erleichtert werden“, erläutert Bezirksvorstandsvorsitzende Heike Hausfeld. Unter anderem könnten so auch neue Investoren für die Stadt gewonnen werden, und „die Gefahr von weiteren Abwanderungen“ sinke.